20/12/2022
Ich stell mir nichts schlimmer vor.
Wenn Kinder vor ihren Eltern sterben muss es unerträglich sein.
Marco starb an den Folgen eines Behandlungsfehlers. Fast 9 Jahre Leid und einen ewig währenden Kampf um Gerechtigkeit, musste seine Familie bisher ertragen. Marcos Eltern warten auf einen Prozess doch das Gericht, ist wie viele in Deutschland, überlastet. Ein Ende ist vorerst nicht in Sicht, es sei denn die Klinik einigt sich aussergerichtlich.
Wir haben die Familie von Marco bereits vor 10 Jahren besucht, kurz nachdem Marco ins Krankenhaus nach Rostock geflogen und notoperiert wurde. Weil bis heute nichts passiert ist, haben sie uns um Hilfe gebeten, ihr Schicksal öffentlich zu machen.
Das haben wir getan. Bild am Sonntag druckte die Geschichte
Hier die ganze Geschichte:
Marco Supkowski (36), war ein Bär von Mann, 1,90m groß, 108kg bringt er auf die Waage, mit Leib und Seele Fernfahrer, angestellt bei einem Hagener Transportunternehmen. Schon als Kind fuhr er bei seinem Vater Detlev (71) mit auf dem Bock, auch der Opa war Berufskraftfahrer. Marco liebte Norwegen.
Am 7.Januar 2013 ist Marco zu Besuch bei seinen Eltern, sie wohnen nur ein paar Meter entfernt von seiner 2 Zimmer-Wohnung in Wittenburg. Im Gästezimmer des kleinen Einfamilienhauses arbeitet er etwas am PC. Plötzlich klagt er über starke Schmerzen im Rücken, sein rechtes Bein ist wie gelähmt, auch Arm und Schulter schmerzen. Sein Vater ist besorgt wählt die 112 verständigt den Rettungsdienst und Notarzt. Die Rettungskräfte wollen den Mann, trotz Schmerzen und viel zu hohem Blutdruck (216 zu 98) erst nicht mitnehmen, bringen ihn dann doch ins Krankenhaus nach Hagenow. (Westmecklenburg Klinikum Helene von Bülow)
Christel (68), Marcos Mutter sitzt auf der Couch, erzählt mit zittriger Stimme.
In diesem Krankenhaus erblickte Marco und seine Schwester Mareen (48) das Licht der Welt, ich machte hier von 1970-1973 meine Ausbildung zu Krankenschwester.
Doch in der so vertrauten Klinik, begann an diesem Montag Abend ein Drama.
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Nach seiner Einlieferung in die Klinik um 16.30 Uhr musste er sich übergeben, klagte weiter über unerträgliche Schmerzen. Eine ärztliche Untersuchung blieb aus. Am Folgetag klagt der junge Mann seiner Mutter die ihn besuchte, weiter über schwerste Bauchschmerzen, Rückenschmerzen und Lähmungserscheinungen, auch sein Blutdruck war nach wie vor viel zu hoch. Ihr Sohn war ständig müde, jede kleinste Erschütterung löste starke Schmerzen aus, selbst die Bettdecke durfte die Mutter nicht berühren. In den Nächten betätigte er wiederholt die Notrufglocke aufgrund seiner starken Schmerzen, doch die Schwestern kamen nicht mehr in sein Zimmer. Ein eingefordertes Gespräch der Mutter mit dem behandelnden Arzt gab es nicht. Der Arzt hatte keine Zeit.
Am 14.1. wurde Marco operiert, die Galle entfernt, einen Tag später sprach ein Arzt das erste mal mit der Mutter. Doch Marcos Zustand verschlechtert sich, eine Schwester teilt am 16.1. telefonisch mit, er kommt auf die Intensivstation. Am 17.1. teilte man der Mutter mit, ihr Sohn hätte eine Infektion, man müsse abwarten, ein Besuch ist nicht möglich, am selben Nachmittag wird Marco operiert, sein Dickdarm wird fast vollständig entfernt. Seine Bauchhöhle ist entzündet, völlig vereitert. Einen Grund für die massive Infektion kann man der Mutter nicht nennen, nur das Marco ins Klinikum nach Schwerin verlegt werden muss, weil er sonst sterben würde.
Am 18.1. nachts um 1 Uhr rief eine Schwester aus dem Helios Klinikum bei der Mutter an. Ein MRT wurde direkt nach der Einlieferung aus Hagenow erstellt. Ihr Sohn hat einen Riss in der Aorta im Brustraum, wurde bereits mit dem Helikopter nach Rostock in die Uniklinik geflogen. Noch in der selben Nacht wird hier der Riss in einer Notoperation verschlossen.
Am 19.1. stellt man in der Klinik fest, dass bereits eine Niere versagt hatte, die Durchblutung aber wieder hergestellt werden konnte. Der Zustand von Marco verschlechtert sich weiter, er bekommt Fieber, eine Lungenentzündung, muss erneut operiert werden, der Bauchraum ist hochgradig infektiös, Abszesse haben sich gebildet, ein Teil der Bauchspeicheldrüse wird entfernt. Der behandelte Arzt teilt der Mutter mit, sie wissen nicht ob Marco es überlebt, das er sterben kann.
In den Folgewochen erholt sich Marco langsam, im März muss er aber erneut operiert werden, die Milz wird entfernt. Infolge der unzähligen Operationen hat Marko 42kg abgenommen, hat einen künstlichen Darmausgang.
Am 10.5.2013 wird Marco mit einem offenen Bauch in die häusliche Umgebung entlassen.
"Das war wichtig, er war psychisch angeschlagen", erinnert sich Christel.
Marco wird von einem Pflegedienst betreut. Im Juni kommt es zu neuen Komplikationen und Marco muss ins Klinikum nach Schwerin. Vom 11.6.-1.8. wird er stationär behandelt.
„Die Ärzte und Schwestern im Helios Klinikum Schwerin und in der Uniklinik Rostock waren sehr bemüht und liebevoll im Umgang mit Marco und uns als Familie. Alle waren betroffen“, erinnert sich Mama Christel.
Seit dem 1.8. wird Marco in der häuslichen, elterlichen Umgebung 2x täglich durch einen Pflegedienst betreut, doch sein Zustand verschlechtert sich in der 2. Jahreshälfte.
"Das war keine Lebensqualität mehr, sagt Christel unter Tränen. Es war nur Couch, Bett, Couch, Bett. Das ist kein Leben für einen jungen Mann in der Blüte seines Lebens. Er hatte sich sogar damit abgefunden, dass sein künstlicher Ausgang bleibt. Er wollte nur das der Bauch sich wieder schliesst und dann sogar wieder LKW fahren.“ Doch der Bauch verheilt nur langsam, immer wieder gibt es neue Entzündungen.
Marco wird ab dem 20. Januar 2014 erneut stationär behandelt, liegt bis zum 4.2.14 im Klinikum Schwerin muss aber aufgrund der Schwere seiner Erkrankung nach Rostock in die Uniklinik verlegt werden. Hier stirbt Marco am 25. Februar 2014.
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„Warum hat man in der Klinik in Hagenow, 11 Tage lang nicht bemerkt was unser Sohn hat, warum hat man kein MRT gemacht?“
Quälende Fragen die Mama Christel bis heute nicht beantwortet wurden. Auch hat sich bis heute niemand von der Klinik bei ihr gemeldet und sich entschuldigt.
„Niemand will verantwortlich sein, dabei stellt eine Schlichtungsstelle bereits 2015 einen Behandlungsfehler in der Hagenower Klinik fest, empfiehlt eine Regulierung.“
Seit 2016 kämpft die Familie von Marco um Gerechtigkeit vor dem Landgericht Schwerin. Es geht um 300.000 Euro Schmerzensgeld, zzgl. ca. 70.000 Euro Zinsen. Doch bisher weigert sich die Klinik zu zahlen.
Rechtsanwalt Volker Tiek aus Schwerin vertritt die Eltern von Marco: Meine Mandanten haben den Wunsch endlich abschliessen zu können, nach fast 9 Jahren müssen sie mal zur Ruhe kommen.
„In meinen 19 Jahren als Anwalt und zig tausenden geführten Verfahren, ist das das längste und älteste Verfahren. Wir wünschen uns einen Ausgleich von der Gegenseite. Der Verlust ihres Sohne hat große Schmerzen verursacht, eine Schmerzensgeldzahlung ist unumgänglich.“
Auch Marcos Schwester will das ihre Eltern noch zu Lebzeiten Gerechtigkeit erfahren.
"Für die Klinik ist es doch nur Geld, meinen Bruder bringt es nicht mehr zurück“, sagt sie.