07/07/2025
Vorsichtig öffne ich die Eingangstür und betrete das vollkommen leere Foyer. Es wird immer klarer, dass es sich auch angesichts des heutigen Datums um einen Scherz handelt. Am Eingang sitzt eine junge Frau an der Kassa, sie will mir ein Ticket verkaufen. Etwas verunsichert kläre ich sie darüber auf, dass ich keine Eintrittskarte benötige, da ich selbst auf der Bühne stehen soll. Ich vermeine, ein leichtes Zweifeln in ihren Augen zu sehen, was ich ihr nicht verübeln kann, warum sollte ein Typ, der Zitate im Internet veröffentlicht, plötzlich hier auftreten dürfen?
Anschließend werde ich herzlich vom Niedermair Team begrüßt und bekomme Wein. Vor mir spielt gerade ein echter Kabarettist seine Show, man hört die Leute im Saal lachen. Nervös ziehe ich mich in den Backstage Bereich zurück, immer wieder schaut der Lichttechniker herein und klärt mich freundlich über den Ablauf auf. Als er das letzte Mal kommt sagt er, “so wenn du bereit bist, würde ich in zwei Minuten das Licht dimmen und dann gehst du auf die Bühne”. Ich bin nicht mal ansatzweise bereit, außerdem bestehen immer noch Restzweifel, dass statt dem Publikum der Chef vom Niedermair im Publikum sitzt und “April, April” ruft, wenn ich den Vorhang zur Bühne zur Seite schiebe.
Kurz spiele ich das Szenario in meinem Kopf durch, einfach aufzustehen, beim Ausgang hinaus zu spazieren und nachhause zu fahren. Ob das wohl schon vorgekommen ist? Doch dann geht schon das Licht aus, was folgt, ähnelt einer Nahtoderfahrung: ich sehe mich selbst aus der dritten Person, wie ich auf die Bühne trete und das Mikrofon aus dem Ständer nehme. Zumindest in der ersten Reihe sitzen Menschen, weiter sehe ich nicht gegen das grelle Licht der Scheinwerfer. Ich fange an zu sprechen, Leute lachen bereits, bevor ich noch etwas Lustiges sage, ich habe offenkundig das beste Publikum der Welt. Es läuft besser als erwartet, plötzlich ist das Programm auch schon zu Ende, alle klatschen.
Allerdings habe ich mir im Vorhinein nicht überlegt, was ich während dem Applaus mache, ich stehe da und grinse vor mich hin, es scheint Stunden zu dauern, was toll ist, aber ich kann doch nicht einfach dastehen und vor mich hin grinsen. Irgendwann ebbt das Klatschen ab, ich stehe immer noch auf der Bühne und starre ins Publikum. “Na gut, also das wars jetzt” sage ich schließlich und gehe ab. Im Nachhinein erfahre ich, dass man im Kabarett immer eine Zugabe spielt, das Publikum auch deshalb geklatscht hat, um diese einzufordern.
Beim Rausgehen schaue ich unauffällig Richtung Kassa, ob jemand sein Geld zurück verlangt, aber es scheint alles ruhig zu sein. Menschen gehen an mir vorbei, einige werfen mir ein kurzes “Super Programm” oder “sehr lustig wars” entgegen. Nach fünfzehn Minuten hat sich das Niedermair geleert, ich sitze an der Bar und trinke wieder Wein, die Welt dreht sich weiter, als wäre nichts gewesen. Offenbar ist niemandem aufgefallen, dass ich kein Kabarettist bin - bitte sagts es nicht weiter.
Nächste Auftritte Wiener Alltagspoet:
12.9. Kulisse Wien
30.9. Morawa Wollzeile Präsentation erster Roman
7.12. Kulisse Wien
2026:
13.1. Kabarett Niedermair
16.3. Stadtsaal Wien
11.11. Posthof Linz
Tickets auf www.wieneralltagspoeten.at
Ich bedanke mich vielmals für alle, die an den fünf ausverkauften Abenden im Niedermair dabei waren und für so eine unglaubliche Stimmung gesorgt haben. Ich werde zwar auch weiterhin primär mit dem Poesieren beschäftigt sein und nicht allzu oft auftreten, aber es war zu schön um ganz aufzuhören: Deshalb gibt es im Herbst noch zwei Termine in der Kulisse Wien - ich würde mich sehr freuen, euch dort zu sehen. Und unfassbarerweise darf ich nächstes Jahr sogar im Stadtsaal auftreten.