09/07/2024
„Der Umgang mit den Schwächsten der Gesellschaft ist ein politisches Anliegen, denn der Verlust der Entscheidungsfähigkeit kann jeden von uns betreffen. Die Ministerien, politischen Parteien und Hilfsorganisationen kontrollieren sich mit einer Vielzahl von Behindertenanwälten und Behindertensprechern die zu eigenen Bürokratien mutiert sind. Die Vermessung der letzten Gehsteigkante, Toilettenschlüssel, verlängerte Schulzeit, erzwungene Inklusion, das sind Fußnoten gegen die existenziellen Nöte beeinträchtigter Menschen dort wo der Staat seine Fürsorge individualisiert und alle diese Professionisten von seinen Verfahren ausschließt. Freiheitsentzug nach Gesetzesübertretung und Freiheitsentzug nach Krankheit wären einen vergleichbaren juristischen Aufwand wert. Existentielle Entscheidungen über Wohl und Wehe und Lebensschicksale der hiervon Betroffenen werden in stillen Stuben von Einzelrichtern allenfalls unter Abwägung autonom bestellter Gutachten getroffen. Das Gericht würde theoretisch durch Gerichte kontrolliert, wenn der Ausgelieferte Mut und Mittel dazu hat, Gutachter und Rechtsvertreter findet. Obendrein bilden die Demütigen in der Gerichtsorganisation eine beliebig teilbare Verfügungsmasse zur Auslastung unterbelegter Zivilabteilungen. Zur Kompensation der beliebigen und unverrückbaren Richterzuweisung und in Folge der dreigliedrig gestreuten gewerblichen Erwachsenenvertretung, deren Ineffizienz sie doppelt bezahlen, hätten die Kuranden Anspruch auf eine institutionalisierte, niederschwellige und möglichst kostenfreie Wohlfahrtsorganisation mit Schwergewicht im Clearing und Rechtsbeistand bei Betreuungssachen. Dem Anspruch könnte der österreichische Verein "Vertretungsnetz" genügen der sich aufgrund fehlender Mittel nicht entwickeln kann und auch Felix aus Kapazitätsgründen abweisen musste. Auch Sozialpolitik geschieht durch Mittellenkung also Verfügung über Geld. So ist die aktuelle Mittelvergabe durch den Nationalratsbeschluss vom 4. Juli 2024 an Behindertenanwaltschaft, Monitoringausschuss und Behindertenrat nicht ganz falsch aber doch symptomatisch dafür Institutionen und nicht dringliche Entwicklungen zu fördern. Mein Herzenswunsch wäre, das Vertretungsnetz so auszustatten, dass es die oktroyierte Erwachsenenvertretung durch Anwälte gänzlich ablöst und in der leidigen Konfrontation der Gerichte mit juristischen Laien auch fallweise unterstützend zur Hand gehen kann. Eine wirksame Erweiterung ihrer Zuständigkeit und Mittel bräuchten auf schnellstem Wege auch die heute zahnlosen Justizombudsstellen, die noch nie einem verzweifelten Kuranden helfen konnten.
Kaum ein Kurand ist in Österreich mit der gewerblichen Erwachsenenvertretung durch Richter und Rechtsanwälte zufrieden. Verzweifelt Hilflose bilden Selbsthilfegruppen und suchen Halt bei Kirchenmännern. Es geht längst nicht mehr um Felix aus Klagenfurt sondern die Rückkehr eines Systems der Bevormundung nach der ambitionierten Reform der Erwachsenenvertretung im Jahre 2019.