22/04/2025
Mit „Nullzone“ legt Isabella Straub eine kluge, pointierte Satire vor, die mit scharfem Blick auf soziale Ungleichheiten, Gentrifizierung und die absurden Versprechen des Immobilienmarkts schaut. Doch hinter der bissigen Gesellschaftskritik steckt ein zutiefst menschlicher Roman über drei grundverschiedene Figuren, die alle auf ihre Weise nach Halt und Zugehörigkeit suchen – in einer Stadt, die sich rasant verändert.
Das Hochhaus „Kratzer“ steht im Mittelpunkt des Geschehens – ein Sozialbau, der buchstäblich ins Wanken gerät, weil nebenan die Baugrube für ein futuristisches Wohnprojekt ausgehoben wird. Die luxuriösen, 3D-gedruckten Wohnwaben sollen das Wohnen der Zukunft revolutionieren. Doch zuerst muss der Kratzer weichen – und mit ihm seine Bewohner*innen.
Drei Menschen stehen im Zentrum dieser Geschichte. Elfi, die pragmatische Hausmeisterin des Kratzers, die mit Waschmünzen, Rattenbekämpfung und einer Sammlung von Tablettenblistern ihren Alltag bestreitet. Sie kämpft gegen die drohende Räumung und ihre eigene Vergangenheit an. Rachid, ein Paketzusteller mit großen Träumen, der sich mit den Widrigkeiten seines Jobs herumschlägt, von einer eigenen Familie und einer selbstständigen Zukunft als Drohnenzusteller fantasiert. Und Gabor, ein Zukunftsforscher mit Lebenskrise, der nicht nur mit seinen gesundheitlichen Werten, sondern auch mit der Idee hadert, in eine der seelenlosen Wohnwaben zu ziehen, während er seine geliebte Altbauwohnung hinter sich lassen soll.
Während sich die Ereignisse zuspitzen, die Medien auf den Protest der Kratzer-Bewohner aufspringen, und sich das Hochhaus immer weiter neigt, geraten auch die Leben von Elfi, Rachid und Gabor zunehmend aus dem Gleichgewicht.
Isabella Straub schafft es meisterhaft, die großen Themen unserer Zeit – Stadtentwicklung, Gentrifizierung, soziale Ungleichheit – in eine lebendige, humorvolle Geschichte zu verpacken. Sie erzählt multiperspektivisch, und jede Figur bekommt eine eigene, unverwechselbare Sprache: Gabor spricht in reflektierten, intellektuellen Sätzen, während Rachids Kapitel von einer rotzigen Direktheit geprägt sind. Elfi hingegen begegnet uns mit einem ruhigen, lakonischen Ton.
Trotz aller Satire ist „Nullzone“ ein zutiefst menschliches Buch. Die Figuren sind skurril, aber nie bloßgestellt, ihre Sorgen real und berührend. Man lacht und leidet mit ihnen gleichermaßen. Straubs scharfer Blick für Details macht den Roman zu einem ebenso unterhaltsamen wie nachdenklichen Lesevergnügen.
„Nullzone“ ist eine temporeiche, unterhaltsame und zugleich tiefgründige Satire über eine Gesellschaft im Umbruch. Isabella Straub seziert die Widersprüche zwischen Fortschritt und sozialer Realität, zwischen luxuriösen Wohnvisionen und dem Kampf um bezahlbaren Wohnraum. Ein Roman, der klug, komisch und unbedingt lesenswert ist! 🍩
.straub Elster & Salis