31/10/2025
Süß – ganz ohne Sauer
Heute Abend war ein großer Lärm im Treppenhaus. Ich ahnte schon den Grund und schaute hinaus: Genau wie ich vermutet hatte – eine große Schar von Halloween-Kindern! Es waren wohl acht oder neun. Sie rannten die Treppen hinauf, aber sobald sie mich sahen, wurden sie langsamer.
„Süßes oder Saures?“ – fragte das vorderste Mädchen. Unter den aufgemalten schwarzen Flecken leuchtete ihr hübsches Gesichtchen, ihr klarer Blick hervor.
„Ach, weder das eine noch das andere“, sagte ich. Schnell drängten sie sich um mich, und ein mutigerer Junge, vielleicht zehn Jahre alt, erklärte mir den Grund ihres „Besuchs“: Sie sammelten Süßigkeiten. (Halloween: klopfen die Kinder an die Türen und bitten um Naschwerk. Ich glaube, sie wollen damit das „Saure“, also das Böse, vom Haus fernhalten.)
Ich sagte zu ihm: „Junge, ich habe zu Hause nicht so viele Süßigkeiten, wie du in deiner Tasche hast.“
Da griff das Mädchen, das zuerst gesprochen hatte, gleich in ihren eigenen Beutel, zog eine Süßigkeit heraus und reichte sie mir hin. Ich hätte sie fast an mich gedrückt – so sehr hat mich das gerührt. Ich dankte ihr für ihre Freundlichkeit, nahm das Angebot aber nicht an.
Der Junge aber wollte heldenhaft für die Ehre der Gruppe eintreten. Als er sah, dass es hier keine Beute geben würde, sah er mir in die Augen und sagte:
„Wie auch immer es sei, wir wünschen Ihnen alles Gute!“
Eine so männliche Geste musste ich sofort mit einem Lob belohnen: Ich schüttelte ihm die Hand und sagte, das sei ein wirklich gentlemanhaftes Wunsch gewesen.
Ich wollte sie aber nicht nur mit leeren Gedanken fortschicken, also kam ich mit einer Idee hervor:
„Kinder, für solche Feiern gebe ich keine Süßigkeiten. Aber wenn ihr am Sonntagabend klopft, können wir besprechen, wann ihr mich besuchen kommt. Dann werde ich euch mit Kuchen empfangen und euch Geschichten vorlesen.“
Wie ihre Augen da aufleuchteten! Besuch! Kuchen! Geschichten!
Sie nickten eifrig und wiederholten meine Worte, als wollten sie sich gegenseitig versichern, dass sie das Versprechen richtig verstanden hatten. Dann rannten sie fröhlich die Treppe hinunter.
Werden sie kommen? Oder wenigstens zwei von ihnen? Wir werden sehen. Ich hoffe es.
Wenn man in einer Minute an der Tür ihre Bitte ablehnt, kann man ihnen nicht viel beibringen. Man darf sie nicht fortjagen, sondern muss ihr Vertrauen gewinnen. Sie brauchen keine Belehrung, sondern Unterweisung. Es nützt nichts, sie anzufahren: „Euch hat man ja auch gut in der Schule trainiert – geht nur heim mit eurem Halloween!“ – wenn sie gar nicht verstehen, wodurch man schlechte Gewohnheiten ersetzen könnte.
Wie sagt die alte Weisheit? Reiße jemandes Hütte nicht nieder, bevor du ihm kein Haus oder einen Palast gebaut hast.
Seien wir – als Nachfolger Jesu Christi – diejenigen, die Licht in die Dunkelheit bringen, und beginnen wir, kleine Paläste zu bauen, genau dort, wo wir zuerst eine Not entdecken.