16/11/2025
Viertelfinale! Was für ein Comeback! Wie hoch kann Alex fliegen?
Nach dem Riesenfrust gestern und nur einer Nacht Zeit, ihn zu verarbeiten und sich zu sammeln: Wer hätte gedacht, dass Alexander Donchenko heute wieder die Galaform der vergangenen Wochen aufs Brett bringt? Ganz ehrlich, ich nicht. Natürlich habe ich eingeschaltet, aber mit einem schlechten Gefühl. Ein ehrenvolles Ausscheiden im Achtelfinal-Tiebreak wäre gegen den Weltmeister im Blitzschach (2013) heute das normale, das erwartbare Ergebnis gewesen.
Die erste Schnellschachpartie war so nicht zu erwarten. Mit Schwarz zieht Alex das Ding gegen den zu zögerlich agierenden Vietnamesen durch, führt im Match – und steht in der folgenden Weißpartie (nach Enginemaßstäben) aus der Eröffnung heraus fast auf gewinn. Aber was für ein Durcheinander auf dem Brett! Wie geschaffen für Rechenteufel Le Quang Liem, der mit einem gewonnenen Endspiel aus dem Chaos herausgeht. 2:2, zwei weitere Schnellpartien müssen her.
Und wieder zieht Alex die erste an sich, wieder mit Schwarz, wieder ein Drama. Liem tauscht unter Druck die Damen, ein Fehler. Das entstehende Läuferendspiel ab sollte platt sein. Aber gewinnt Alex diesmal sein gewonnenes Endspiel? Praktisch ist das nicht so leicht, wie es die Fachleute in den Kommentarspalten machen. Auch diesmal schwankt der Balken, aber nach 88 Zügen ist es vollbracht, 3:2. Jetzt mit Weiß nicht verlieren, das wäre das Vierteilfinale.
Beim zweiten Weißpartie-Matchball wechselt Alex die Strategie. Englisch, ganz in Ruhe, kein Chaos diesmal. Aber zu wenig energisch. Schwarz hält den weißen Damenflügel im Klammergriff. Alex steckt viel Zeit rein, organisiert Gegenspiel auf der anderen Seite des Brettes. Aber da zeigt die Uhr schon 1:30 vs. 8:30 Minuten. Und das führt sogleich zu einem taktischen Fehler. 31…Sf3! – und aus. 3:3. Blitz.
Mit Schwarz ist Alex am Drücker, nimmt einen geopferten Bauern, und Weiß kann nicht mehr tun, als sich in Remis zu retten. Dann, mit Weiß, gelingt der Coup. 32.Dg7+!, darauf hatte Alex hingearbeitet. Am Ende kein Jubel, nur Erschöpfung und Leere. 4,5:3,5 nach einem Riesenkampf.
„So viele Chancen“ habe er gehabt, sagte Donchenko hinterher. Und im Verlauf des Marathons vor allem versucht, ihnen nicht nachzutrauern.
Jetzt gegen den international nicht so bekannten, aber bärenstarken Nodirbek Yakkuboev (Elo 2697, Nummer 34 der Welt), der in der ersten Runde Niclas Huschenbeth rausgeworfen und beim World Cup noch keine Partie verloren hat. Das ist nochmal ein ziemliches Brett. Und Alex wird, wie in jedem Match ab der zweiten Runde, nicht der Favorit sein.
Trotzdem, es wird jetzt greifbar. Ein gewonnenes Match noch, dann stünde Alexander Donchenko im Halbfinale – und hätte zwei Matchbälle, ins Kandidatenturnier 2026 zu kommen. Drei der vier Halbfinalisten werden WM-Kandidat.
Morgen Vormittag geht’s weiter. Stay tuned.