01/07/2025
Die Volkspolizei, Abkürzung VP, amtlich DVP, war in der Sowjetischen Besatzungszone und der Deutschen Demokratischen Republik die zentralistisch organisierte Polizei, die im Laufe der Zeit verschiedene Umstrukturierungen erfuhr.
Im Juni 1945 erlaubte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Bildung von Polizeikräften in der Sowjetischen Besatzungszone. Diese waren an die Landespolizei aus der Zeit der Weimarer Republik angelehnt und unterstanden den Innenministerien der fünf in der SBZ liegenden Länder. Bei ihrem Aufbau wurden fast ausschließlich Mitglieder der KPD in die Führungsebene berufen. Ende 1946 gründete die SMAD per Weisung die Deutsche Verwaltung des Inneren (DVdI) unter Leitung des KPD-Veteranen Erich Reschke, der zentralistisch die Kontrolle über die Polizeikräfte zugeordnet wurde. Die Polizeibehörden waren für die Schutz-, Verkehrs-. Kriminal- und Verwaltungspolizei zuständig. Die Verwaltungspolizei umfasste das Melde-, Preiskontroll- und Erlaubniswesen innerhalb der sozialistischen Wirtschaft der Ostzone. Bei der Kriminalpolizeiabteilung K 5 lag die Zuständigkeit über die Entnazifizierungsmaßnahmen innerhalb der SBZ, was der Behörde eine herausragende Machtposition innerhalb des entstehenden ostdeutschen Staates verschaffte. Anfang 1946 verfügte die nichtmilitarisierte Polizei in der SBZ über rund 22.000 Polizisten. Bis 1948 wurde diese Zahl auf rund 65.000 aufgestockt. Dazu kamen noch rund 9.600 Mann in Berlin, das aufgrund des Viermächtestatus der Deutschen Verwaltung des Innern als SBZ-Behörde nur informell verbunden war. 1948 wurde Kurt Fischer auf Betreiben der SMAD zum Leiter der DVdI ernannt. Im Mai 1949, noch vor der formalen Gründung der DDR, wurde erstmals die Bezeichnung Deutsche Volkspolizei offiziell verwendet. Im Gründungsjahr der DDR wurden rund 10.000 Kader der Volkspolizei wegen politischer Unzuverlässigkeit oder mangelnder fachlicher Eignung entlassen. Der ehemalige Präsident der DVdI Reschke wurde aufgrund seiner Tätigkeit als Funktionshäftling im KZ Buchenwald in einem sowjetischen Lager inhaftiert.
Der Polizeidienst in der Nachkriegszeit war sehr schwierig. Aufgrund der Armut und Mobilität der Bevölkerung kam es vor allem zu einer Flut von Eigentumsdelikten. Obwohl bereits Anfang 1946 von den sowjetischen Besatzungsbehörden Waffen ausgegeben worden waren, waren die Polizeikräfte aufgrund unzureichender Bewaffnung Kriminellen oft unterlegen. Auch der Ausbildungsstand war mangelhaft, der Anteil an ungeschultem Personal betrug zwischen 65 und 95 %. In den ab 1946 geschaffenen Polizeischulen konnte auch nur ein mangelhaftes Kursangebot angeboten werden. Es umfasste meist nur vierwöchige Lehrgänge. Bemerkenswert war, dass die Lehrgänge auch militärische Elemente wie das Operieren in Zugstärke umfassten. Zu Beginn unterlag das Personal der Polizei einer hohen Fluktuation von 20 % bis 50 %. 1948 wurde mit der Politik-Kultur-Verwaltung innerhalb der Polizei ein Kontrollorgan im Sinne der SED-Ideologie geschaffen. 1949 erreichte der Personalbestand eine gewisse Stabilität mit 83 % Angehörigen der Arbeiterklasse und 86 % SED-Parteimitgliedern. Ein Hauptfokus der Rekrutierung lag auf den aus der Sowjetunion in die SBZ heimkehrenden Kriegsgefangenen.1949 wurde auf Weisung der SMAD in der gesamten SBZ ein 3.500 Mann starker, der Volkspolizei unterstellter Betriebsschutz aufgestellt, welcher 1951 zum weiteren Organisationszweig der Volkspolizei avancierte. Er umfasste 1951 25.000 uniformierte und nichtuniformierte Mitarbeiter zum Schutz von Wirtschaftsbetrieben und Einrichtungen von Staat und Partei. Hinzu kamen knapp 3.000 Mitarbeiter von Werkfeuerwehren, welche ebenfalls der VP zugeschlagen wurden. Der Betriebsschutz wurde 1960 als eigenständiger Zweig abgeschafft und in die Schutzpolizei überführt.
Mit der Gründung der DDR im Jahr 1949 wurde die Volkspolizei dem Ministerium des Innern unterstellt. Chef der im Innenministerium geschaffenen Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei (HVDVP) wurde nach dem Tod Kurt Fischers Karl Maron. Die HVDVP hatte die Leitung über die 14 Bezirksdirektionen auf DDR-Gebiet und ein Präsidium der Volkspolizei in Ost-Berlin inne. Die Bezirksdirektionen befanden sich in allen 14 Bezirken der DDR und standen den insgesamt 215 Volkspolizeikreisämtern vor.
Der offiziell dem Justizministerium unterstellte Strafvollzug wurde 1950 ebenso der Volkspolizei zugeschlagen. Ebenso wurde der HVDVP die Oberaufsicht über sämtliche Feuerwehren der DDR zugeteilt. Ab 1950 begann der Aufbau schneller Gruppen von insgesamt rund 5000 Mann vorwiegend aus dem Betriebsschutz und Ausbildungseinheiten, welche bei Großereignissen und Störungen der öffentlichen Ordnung motorisiert als Gruppen-, Zugs- und Kompanieweise eingesetzt werden konnten. Ebenso wurde bei den Mitarbeitern des Strafvollzugs und des Betriebsschutzes auf Verwendbarkeit ihrer Einheiten in dieser Rolle geachtet. Die Personalpolitik gestaltete sich für die Volkspolizei schwierig. Einerseits wanderten viele Polizisten aufgrund Arbeitsbedingungen und Bezahlung in die Industrie ab, oder sie wurden zur Kasernierten Volkspolizei abbefohlen. Daraus resultierten jährliche Entlassungsraten von 14 bis 17 %, der Hauptgrund war die Entpflichtung aufgrund eigenen Wunsches sowie Nichtbesetzungsraten von rund einem Viertel. Innerhalb der bewaffneten Organe des SED-Staats hatte die Volkspolizei den geringsten Stellenwert. Infolgedessen wollte die SED-Führung ab 1950 rund 20.000 Stellen bei der Volkspolizei einsparen. Ebenso vernachlässigt war die Ausrüstung mit Waffen und Munition, so mokierte sich Maron gegenüber Walter Ulbricht, dass in einem Ausbildungskurs für Schießausbilder im Offiziersrang ein Drittel der Kursanten während ihrer bisherigen Dienstzeit nie eine Waffe abgefeuert habe. Im Jahre 1952 begann die Volkspolizei mit dem Aufbau eines Helfersystems, bei dem Freiwillige Helfer der Volkspolizei in die Polizeiarbeit integriert wurden. Die Zahl dieser Helfer wuchs von rund 27.000 Ende 1952 auf rund 160.000 Ende 1960. Im Dezember desselben Jahres begann die Volkspolizei mit dem Aufbau des Abschnittsbevollmächtigtensystems, welche eine Durchdringung des Zivillebens am Wohnort der Menschen durchsetzen sollte. Trotz Bemühungen, die Bewaffnung zu verstärken, blieb ein Defizit von rund 29 % bei Schusswaffen 1959. Neben Schusswaffen erhielt die Volkspolizei auch eine Zahl Handgranaten, schwere Maschinengewehre, Panzerbüchsen, 14 Wasserwerferfahrzeuge und 320 gepanzerte Fahrzeuge.
Während des Aufstands vom 17. Juni 1953 war die Volkspolizei hoffnungslos überfordert. An vielen Orten war man von den Streiks und Demonstrationen, zu denen es an diesem Tag überall in der DDR kam, überrascht worden, weil vielfach die zentral ausgerufenen Warnstufen nicht weitergegeben worden waren. Da den Angehörigen der Volkspolizei das Hören des West-Berliner RIAS verboten war, hatten sie gegenüber den Demonstrierenden einen Informationsrückstand. Zudem waren sie zu deeskalierendem Verhalten aufgefordert worden: Die Volkspolizisten versuchten daher, mit den Aufständischen zu diskutieren, worauf diese sich aber nicht mehr einließen. An vielen Orten wurden sie von den Demonstrierenden in ihren Dienstgebäuden regelrecht belagert und mussten von den sowjetischen Streitkräfte in der DDR und Einheiten der Kasernierten Volkspolizei befreit werden, die den Aufstand niederschlugen. Die Führungen der SED und der Volkspolizei interpretierten den Aufstand und Einsatz der Sowjetarmee als sicherheitspolitisches Debakel. Nach dem Aufstand erreichte Maron bei Ulbricht 15.000 neue Stellen für die Schutzpolizei. Ebenso sollte die paramilitärisch einsetzbare Komponente durch Bildung von Volkspolizei-Bereitschaften verstärkt werden, die paramilitärisch organisiert und innerhalb des Innenministeriums von der DVP getrennt waren. Jeder Dienstanwärter sollte ein Jahr in einer Bereitschaft dienen, bereits länger tätige Volkspolizisten sollten mindestens eine halbjährige Bereitschaftszeit nachholen. Des Weiteren wurde in den Fünfzigerjahren auch die militärische Ausbildung der Volkspolizei intensiviert, unter anderem hatten alle Volkspolizeioffiziere zweijährig einen dreißigtägigen, militärischen Internatslehrgang zu absolvieren. Hierbei wurde der Fokus auf Straßen- und Häuserkampf gelegt.
Noch vor dem Beginn des Mauerbaus 1960 wurde eine Vereinheitlichung der Bewaffnung der Volkspolizei initiiert. Generale und Kriminalpolizisten wurden einheitlich mit Pistolen im Kaliber 7,65mm bewaffnet. Alle sonstigen Angehörigen der Volkspolizei sollten auf die Makarow zurückgreifen. Am Bau der Berliner Mauer wirkte die Volkspolizei in zahlreichen Funktionen mit. Nach dem Bau der Mauer wurden die bewaffneten Organe der DDR umstrukturiert. Die Deutsche Grenzpolizei wurde aus dem Ministerium des Innern ausgegliedert und dem Ministerium für Nationale Verteidigung zugeschlagen. 1962 wurde die Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei als Zwischeninstanz zwischen den regionalen Volkspolizeibehörden und dem Innenministerium abgeschafft. Ab dem März 1963 erhielt das Zentralkomitee der SED Berichte über interne Probleme bei der Volkspolizei, insbesondere eine geringe Moral und politische Zuverlässigkeit der Polizeitruppe. Auch wurde der gruppenweise Konsum von Westmedien als moralisch schwer bedenklich angemerkt. Im Zuge der Affäre wurde Karl Maron als Innenminister demontiert und durch Friedrich Dickel ersetzt. Unter seiner Führung kam es zur Einführung zahlreicher neuer interner Regeln und Verordnungen innerhalb der Volkspolizei. Durch den Mauerbau und das expandierende Bildungswesen steigerte sich der Bildungsgrad der Neubewerber von Anfang der 60er 10 % mit Gesamtschulabschluss und Abitur auf rund die Hälfte jedes Jahrgangs. Das staatssozialistische Polizeimodell der Volkspolizei wurde auch gesetzlich 1968 durch das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Volkspolizei verankert. Neben der ursprünglichen sicherheitspolitischen Aufgabe der Polizei war die Volkspolizei der Staatsideologie verpflichtet und hatte diese durch Erziehungsmaßnahmen der Bevölkerung im Sinne der Partei zu unterstützen. Mitte der siebziger Jahre erreichte die Bewaffnung der Volkspolizei ihren Höhepunkt. Die Volkspolizei sollte laut Plan 1975 über 180.000 Maschinenpistolen (inkl. der im Westen als Sturmgewehr geführten AK-47) rund 215.000 Pistolen, rund 45.000 Maschinenpistolen des Typs Skorpion verfügen. Die Schulen der DVP bildeten weiterhin im Rahmen der Grundausbildung an Flugabwehrartillerie, schweren Maschinengewehren und Panzerabwehrwaffen aus. Mitte der Siebziger wurden auch rund 5.000 Reizgaswerfgeräte angeschafft, sowie 63 Scharfschützengewehre des Modells Dragunow für die Kriminalpolizei. Ab 1975 kam es aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage der DDR zu keinen signifikanten Verbesserungen und Nachrüstungen des Materials mehr.
Der 1. Juli wurde ab Anfang der 60er Jahre als Tag der Volkspolizei gefeiert. Zuvor war der 1. Juni dieser Tag, der in der DDR zugleich als Kindertag gefeiert wurde.