22/10/2025
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📚 REZENSION 📚
Hast du Angst vor mir? | Gabriele Keiser
Roman
ET: 15. September 2025
Verlag: Rhein-Mosel-Verlag / RMV-Internet-Agentur
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Anfang der 1950er Jahre in der Westpfalz: Zusammen mit ihrer Mutter bewirtschaftet die 19jährige Linde Liebold einen kleinen Bauernhof. Seit der Vater im Krieg vermisst ist, fehlt schmerzlich eine starke männliche Hand. Da verliebt sich Linde Hals über Kopf in den neuen Knecht der Nachbarn. Sein weltgewandtes, charmantes Auftreten und seine Zugewandtheit imponieren ihr. Aber im Grunde weiß sie nur wenig von ihm. Als Linde eines Tages von seinem schrecklichen Geheimnis erfährt, bricht für sie ihre so schön zurecht phantasierte Zukunft jäh zusammen ...
Zur gleichen Zeit ist Kommissar Bernstein auf der Suche nach einem Phantom, dem so genannten Autobahnwürger, der seit geraumer Zeit das ganze Land in Angst und Schrecken versetzt.
Der Roman, der von wahren Begebenheiten inspiriert ist, schildert eindrücklich das Landleben kurz nach dem Krieg, als man gewillt war, mit allen Mitteln auf den Trümmern einer schrecklichen Vergangenheit eine blühende Zukunft zu gestalten.
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✍️Rezension und Fazit:
"Hast du Angst vor mir?“ ist definitiv einer der besten historischen Krimis, die ich je gelesen habe. Die Atmosphäre ist unglaublich dicht und authentisch eingefangen. Man fühlt sich vollkommen in die Nachkriegszeit zurückversetzt, als stünde man selbst mitten auf einem Pfälzer Bauernhof oder in einem kleinen Dorf voller Geheimnisse. Die Pfälzer Mundart, die gesprochen wird, klang für mich manchesmal wie eine Fremdsprache – Worte, die ich noch nie gehört habe – und gerade das verlieh dem Roman eine ganz besondere, unverwechselbare Authentizität.
Gabriele Keiser schenkt uns einen eindrucksvollen, authentischen Einblick in das bäuerliche Leben jener Zeit. Ich hatte die Höfe, die harte Arbeit, die staubigen Wege und das einfache, aber entbehrungsreiche Alltagsleben direkt vor Augen. Diese Mischung aus bodenständiger, beinahe nostalgischer Schilderung des Landlebens und einem hochspannenden Kriminalfall ist einfach großartig gelungen.
Besonders beeindruckt hat mich die realistische Darstellung der Rolle der Frau nach dem Krieg: körperlich bis zur Erschöpfung arbeitend, während gleichzeitig gesellschaftliche Grenzen sie kleinhalten, kein Beruf in Männerdomänen, kein Führerschein ohne Zustimmung des Ehemannes. Diese Kontraste haben mich sehr bewegt.
Auch die Ermittlungsarbeit wird eindrücklich beschrieben: mit welch einfachen Mitteln die Polizei damals operieren musste und wie überfordert sie diesem perfiden Täter gegenüberstand, der landesweit junge Frauen überfiel und ermordete. Kriminalkommissar Arthur Bernstein – jüdischer Abstammung – wächst einem durch seine Integrität und seinen Kampfgeist schnell ans Herz. Die Figuren sind so authentisch gezeichnet, dass ich ihnen jedes Wort und jede Handlung abgenommen habe. Besonders die Darstellung des Jean ist großartig gelungen.
Der Schreibstil ist wunderbar – flüssig, fesselnd, atmosphärisch dicht. Ich hätte ewig weiterlesen können. Zur Handlung möchte ich bewusst nicht zu viel verraten, nur so viel: Sie ist inspiriert von tatsächlichen Begebenheiten und vor Spannung kaum auszuhalten.
Für mich gibt es dafür hochverdiente fünf von fünf Sternen und eine klare, absolute Leseempfehlung!