16/03/2025
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns über den Frühling reden – es gibt täglich zu viele ernsthafte, beunruhigende, kopfschüttelnde, unverständliche Nachrichten, dass ich Ihnen mit diesem Newsletter eigentlich nur gute Laune vermitteln möchte.
Ja, der Frühling, diese immer wieder erstaunliche Kraft der Natur, morgendlicher Weckruf immer früher durch die Vögel, und die Krokusse, Tulpen, Schneeglöckchen (in umgekehrter Reihenfolge) lassen mutig ins Jahr weitergehen.
Wir streben natürlich Richtung Lindau und haben erfreulich viele Anmeldungen und schon die Teilnehmendenzahl vom letzten Jahr erreicht. Und ja, wir bleiben bei einer Präsenzveranstaltung. Uns ist die Begegnung, der Kontakt, das Gespräch zwischendurch, die Psychohygiene durch schöne Landschaft, das Ausspannen vom Alltag, die Ferne der Praxisräume so wichtig. Vielleicht etwas altmodisch, aber die Stimmungen im Raum, das Tanzen auf dem Fest, Schnuppern in der Kultur, Kennenlernen neuer Mitmenschen, Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, ist bei den Tagungen das wirklich sehr Besondere und in dieser Zeit unbedingt unterstützend und Mut machend. Entschleunigen – und das alles ohne Knopfdruck.
Und ja, es gibt auch die andere Seite. Wie froh sind wir gerade in Köln, wo seit Tagen die KVB streikt, dass wir gelernt haben, Videosprechstunde zu machen! Undenkbar, wie wir sonst auch den Ausfall der Stunden finanziell kompensieren sollten.
Und manchmal sind die Lebensbedingungen mit kleinen Kindern oder versorgungsintensiven Eltern so beschaffen, dass eine Reise gerade nicht möglich ist. Das ist schade – und wir versuchen, die Tagung in Lindau auch noch viele Jahre am Leben zu halten! Und eines Tages ist auch wieder das Reisen möglich.
Heute finden Sie im Anhang unsere Dozentinnenbeschreibung von Elke Garbe. Luise Isselstein hat sie interviewt, und bei dieser Gelegenheit eine kleine Geschichte:
2023 war Elke Garbe schon in Lindau und musste zum Ende ihres Workshops sehr schnell zum Bahnhof, der mittlerweile außerhalb der Insel liegt. Hamburg ist eine Tagesreise von Lindau entfernt, und Züge quer durch Deutschland mit wenig Umstieg eher selten. Also: dieser Zug musste erreicht werden. Es wurde ein Taxi vorbestellt. Das Taxi kam nicht! Die Zeit wurde knapp, Frau Garbe stand mit Frau Isselstein vor der Inselhalle. Warten. Warten. Dann sah Frau Isselstein ein Pizza-Taxi vorbeifahren. Spontan gewunken, der kleine Pizza-Smart hält an. Frau Isselstein: „Auf Ihrem Auto steht doch Taxi! Können Sie diese Dame zum Bahnhof fahren, es ist sehr dringend!“
Der Pizza-Taxi-Fahrer hatte selten solche Anfragen bekommen, schmunzelte und setzte Frau Garbe zwischen Pizzakartons in den Smart – der Zug wurde erreicht.
Nun hoffe ich, ein leichtes Schmunzeln bei Ihnen bewirkt zu haben.
Gerne können Sie sich auch noch für Lindau anmelden: www.kikt-akademie.de
Die nächsten Seminare in Köln: Im Mai hören wir Dr. Hopf – unsere einzige Online-Veranstaltung. Dann ist Pause bis September. In der Gestaltweiterbildung sind noch zwei Plätze frei. Diese beginnt im Mai.
Ihnen nur einen schönen Frühling, und wir freuen uns, Sie zu sehen!
Herzlichen Gruß
Gabriele Meyer-Enders
Ich möchte Ihnen heute eine weitere Referentin unserer KJP-Tagung in Lindau vorstellen, die in diesem Jahr wieder einen Workshop über die von ihr entwickelte Methode der I.T.S. (Integration traumassoziierter Selbstanteile) zur Bewältigung von Entwicklungstraumata halten wird, und uns in einem Vortrag anhand persönlicher Erfahrungen einen Einblick geben wird in die Zusammenhänge und Einflüsse, die zu menschlicher Entwicklung beitragen, und wie diese Entwicklung im Austausch innerhalb eines „inneren und äußeren Systems“ stattfindet.
Frau Elke Garbe ist Diplom-Sozialpädagogin, Diplom-Psychologin,
tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapeutin für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäten, Fachhochschulen und Ausbildungsinstituten für Psychotherapie, mit besonderem Schwerpunkt im Bereich Entwicklungstraumatisierungen, Trauma und Dissoziation,
Therapeutin und Supervisorin an ambulanten psychiatrischen Einrichtungen, langjährige Leiterin einer Erziehungsberatungsstelle in einem unterprivilegierten Stadtteil Hamburgs und Leiterin und Gründerin des „Instituts für Fort- und Weiterbildung in integrativer Traumatherapie nach frühem Entwicklungstrauma“, sowie Autorin mehrerer Bücher mit dem Thema kindlicher Traumata.
Ich habe sie ein wenig zu ihrem Werdegang befragt:
Aufgewachsen ist sie in den 1940er Jahren in einem kleinen Ort in der Lüneburger Heide auf einem Bauernhof, mit einer psychisch sensiblen Mutter und einem Vater, den sie als „liberal gesinnten Bauer“ beschreibt und dem die Bildung seiner Kinder sehr wichtig war.
Nach einem Umzug auf einen anderen Hof in Kassel (die Pacht war ausgelaufen) starb der Vater jedoch plötzlich, sodass die 15-Jährige nach ihrem Hauptschulabschluss ihre Schulbildung zunächst nicht weiter fortführen konnte, sondern dem älteren Bruder auf dem Hof helfen musste, was schließlich in eine landwirtschaftliche Lehre mündete. Nach dem Besuch von weiterführenden Schulen erlangte sie den Abschluss der fachgebundenen Mittleren Reife. Dankbar erwähnt sie, dass sie im Laufe ihres Lebens immer wieder auf Menschen traf, die ihr Perspektiven eröffnet haben - so z.B. das Wissen um die Möglichkeit, mit ihrem Abschluss in Berlin an der „Akademie für soziale Arbeit“ ‚Sozialarbeit’ zu studieren. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie zunächst in Berlin als Sozialarbeiterin für Jugendliche, dann ging sie nach Hamburg und gründete und leitete dort gemeinsam mit ihrem Ehemann eine therapeutische Wohngruppe für drogenabhängige Jugendliche, eine der ersten dieser Art.
In diesen Jahren entstand der Wunsch, mehr über die Ursachen der problematischen Verhaltensweisen der Jugendlichen zu erfahren, die sie als Folge schwieriger Entwicklungsbedingungen verstand. So beschloss sie, in Hamburg Psychologie zu studieren.
Zu dieser Zeit setzte sie sich bereits stark mit den Ansätzen der Antipsychiatrie- Bewegung auseinander, Klaus Dörner nennt sie als wichtigen Einfluss.
Sie arbeitete in einem (sozialen) Forschungsprojekt („Lotse“) der ‚Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie‘, später ging sie als Psychologin in die Erziehungsberatung und leitete über 16 Jahre eine Beratungsstelle in Hamburg-Wilhelmsburg, einem sozial stark benachteiligten Stadtteil. Nun war die Zeit für eine fundierte psychotherapeutische Ausbildung gekommen; beim Fritz-Pearls-Institut schloss sie die Weiterbildung in integrativer Gestalttherapie ab und absolvierte dann in der Folge zahlreiche Weiterbildungen in TP, Körpertherapie, EMDR und tiefenpsychologisch fundierter Traumatherapie (DeGPT), Egostate. Über die Übergangsbestimmungen erhielt sie die Approbation für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und Erwachsenenpsychotherapie in TP.
Ihr erstes wichtiges Buch entstand: „Martha“ - ein persönlicher, sehr bewegender und lehrreicher Bericht über die Psychotherapie eines Mädchens nach sexuellem Missbrauch.
Das kindliche Entwicklungstrauma und die Auswirkungen über die ganze Lebensspanne hinaus sollte ihr Herzensanliegen bleiben.
Mit ihrer reichhaltigen Erfahrung und profundem Wissen arbeitete sie in diesem Feld in eigener Praxis, in ambulanten psychiatrischen Einrichtungen und war und ist als Dozentin, Supervisorin und Lehrtherapeutin weiterhin an Universitäten und Weiterbildungsinstituten tätig. Sie gründete ein Fort - und Weiterbildungsinstitut in integrativer Traumatherapie, (I.T.E.) in dem u.a. die von ihr „Integration traumassoziierter Selbstanteile" (I.T.S.) gelehrt wird, eine kreative und schonende Art der inneren Kind - und Teilearbeit.
Wir freuen uns sehr, dass wir Frau Elke Garbe erneut als Dozentin für unsere Tagung haben gewinnen können und heißen sie herzlich willkommen!
VORTRAG: Aus dem Hier und jetzt in das Dort und Damals
Donnerstag, 12.06.2025, 9:00 Uhr
Bücher:
- Martha, Psychotherapie eines Mädchens nach sexuellem Missbrauch (1991)
- Das kindliche Entwicklungstrauma (2022)
- Trauma und Lebenswege (2023)
- Anna in der Höhle (1994)
- Entwicklungstraumatisierung verstehen – die Methode der Integration traumaassoziierter Selbstanteile in: Pattis Zoja (HRSG.) Expressive Sandarbeit in der psychodynamischen Therapie von Kindern und Jugendlichen (2019)