16/10/2025
„Insgesamt sehen wir klar, dass das Live-Geschäft wieder floriert – die Leute wollen raus, zusammenkommen und Musik erleben.“
(Johanna Bratke im Interview)
Annika Doherty, Tila Brea, Steffi Friedrich, Johanna Bratke und Katharina Friedrich bieten mit dem Format „Female Artists“ eine Show, die sich so großer Beliebtheit erfreut, dass im November ganze drei Abende im Objekt 5 geplant sind. Grund genug, bei Johanna Bratke nachzufragen
In welchen musikalischen Formationen agieren Sie gerade?
Aktuell singe ich beim Objekt 5-Weihnachtssingen, in verschiedenen Cover-Bands und natürlich bei „Female Artists“. Bei meiner Band „Kachel“ gab es leider größere Veränderungen, aber wir basteln bereits im Proberaum an etwas Neuem: Stay tuned!
So ein reiner Frauenabend provoziert Fragen: Dürfen die männlichen Besucher nur gegendert klatschen? Oder wie definiert sich die weibliche Power, die die Klammer des Abends bildet?
Der Name steht bereits für sich: „Female Artists“ vereint fünf ganz unterschiedliche Sängerinnen auf der Bühne. Nicht zu vergessen: Unsere großartige Keyboarderin Christiane Brock! Die Veranstaltung ist eine Hommage an die größten Frauen der Musikgeschichte und stellt die Vielfalt und Stärke der weiblichen Stimmen in den Mittelpunkt.
Wie kam es zu dieser Veranstaltung? Welche Idee steckt dahinter? Was ist zu erwarten?
Unsere Reise begann beim alljährlichen Objekt 5-Weihnachtssingen im Steintor - dort haben wir die einzigartige Energie und Freude erlebt, die wir Frauen gemeinsam auf der Bühne erzeugen können. Diese Erfahrung war so inspirierend, dass Annika und Tila beschlossen, ein Projekt daraus zu entwickeln. Die erste Show fand im Februar 2020 statt: Ein voller Erfolg! Seitdem hat sich „Female Artists“ als feste Größe im Programm des Objekt 5 etabliert. Wir freuen uns, dass wir im November bereits die fünfte Auflage feiern dürfen. Es ist großartig zu sehen, wie sich die Veranstaltung weiterentwickelt, immer mehr Menschen begeistert. Die Gäste dürfen sich auf eine mitreißende und emotionale Show freuen, die die Essenz der Female-Power in all ihren Facetten widerspiegelt!
Dank Ihrer Arbeit bei „Känguruh Production“ haben Sie einen Einblick in die musikalische Landschaft Deutschlands. Reden wir immer noch von einem Männergeschäft? Was ist gut, was muss besser werden?
Die Frage hat viele Facetten. Historisch gesehen war die Musikbranche in Deutschland, wie in vielen anderen Ländern, von Männern dominiert. Auch heute gibt es noch Herausforderungen in Bezug auf Geschlechtergleichheit, aber es gibt auch positive Entwicklungen. In den letzten Jahren gab es einen spürbaren Anstieg weiblicher Künstlerinnen, Produzentinnen und Musikmanagerinnen. Das Bewusstsein für die Gleichstellung der Geschlechter ist gestiegen. Es gibt immer mehr Initiativen Organisationen und Netzwerke, die Frauen in der Musikbranche unterstützen und fördern. Immer mehr Frauen nehmen eine sichtbare Rolle in der Branche ein, dienen als Vorbilder für die nächste Generation.
Das Känguruh Production-Team ...
… hat in etwa gleich viele Mitarbeiterinnen wie Mitarbeiter. Und seit diesem Jahr neben Rüdiger Sachse und Kay Schöttner mit Victoria Troka auch eine Frau in der Geschäftsführung. Trotz der Fortschritte sind Frauen in vielen Bereichen der Musikindustrie, insbesondere in Führungspositionen und technischen Berufen wie Produzentinnen oder Tontechnikerinnen, nach wie vor unterrepräsentiert. Auch die Bezahlung ist häufig nicht gleichwertig, Frauen sehen sich oft mit dem Problem konfrontiert, dass ihre Arbeit und ihre Erfolge nicht dieselbe Anerkennung wie die ihrer männlichen Kollegen erhalten. Es sind noch tiefgreifende strukturelle Veränderungen notwendig, um eine gerechte Verteilung von Chancen und Ressourcen zu gewährleisten.
Dazu gehören?
Etwa gezielte Förderprogramme für Frauen und eine bewusste Förderung von Diversität in Entscheidungsprozessen. Die Anerkennung von Leistungen muss geschlechterunabhängig erfolgen. Und es sollten mehr transparente Kriterien für die Beurteilung und Belohnung von Erfolg eingeführt werden. Ich denke, dass die musikalische Landschaft Deutschlands zwar Fortschritte in Richtung Gleichstellung gemacht hat, aber noch einiges getan werden muss, um eine vollumfängliche Gleichberechtigung zu erreichen. Der Weg zu mehr Diversität und Gerechtigkeit ist im Gange - und Projekte wie „Female Artists“ spielen eine wichtige Rolle dabei, die Veränderungen voranzutreiben, sich gezielt für mehr weibliche Sichtbarkeit einzusetzen.
Noch eine Frage zu „Känguruh Production“: Haben wir das Netflix-Fieber, das Zuhause-Bleiben im Zuge von Corona überwunden? Was macht das Live-Geschäft?
Ja, das Publikum hat definitiv wieder Lust auf Live-Erlebnisse. Während der Pandemie hat Streaming natürlich einen enormen Stellenwert bekommen – Serien und Filme waren für viele ein Rettungsanker. Aber wir merken: Das ersetzt nicht das Gemeinschaftsgefühl, die Energie und die Einmaligkeit von Live-Konzerten. Seit den Lockerungen ist die Nachfrage spürbar gestiegen, auch wenn das Kaufverhalten kurzfristiger geworden ist. Das heißt: Viele entscheiden spontaner, ob sie ein Ticket kaufen. Für uns als Veranstalter ist es allerdings enorm wichtig, dass Tickets möglichst frühzeitig gekauft werden – nur so können wir Konzerte verlässlich planen und Künstler und Künstlerinnen die Sicherheit geben, dass sich ihre Touren auch wirklich lohnen. Insgesamt sehen wir aber klar, dass das Live-Geschäft wieder floriert – die Leute wollen raus, zusammenkommen und Musik erleben.
Female Artists, 6., 7. und 8. November, Objekt 5, jeweils 20 Uhr
OBJEKT 5 Känguruh Production Steintor-Varieté
Text: Mathias Schulze Bild: Chris Jeenel
BU: Johanna Bratke ist Teil des Formats „Female Artists“, das im November an gleich drei Abenden im Objekt 5 zelebriert wird.