09/05/2025
Kassel, 08.05.2025
Alte Judengasse sichtbar!
In Kassel wird wegen eines Bauvorhabens eine denkmalschutzrechtliche Grabung durchgeführt. Gefunden wurde ein Abschnitt der Judengasse, die 1262 erstmalig erwähnt wurde.
In der Straße gab es nach historischen Secundärquellen eine Synagoge, eine Mikwe und einen Friedhof. Die Straße liegt im Winkel zwischen dem historischen Wall der Festung Kassels und dem Bezirk des historischen Ahnaberger Stiftes.
Der Historiker Stölzel vermutete dort den fränkischen Königshof Konrads I. von 913. Der in der Grafschaft von Friedrich von Luxemburg liegende Meierhof gehörte 1008 zur Kaiserpfalz und wurde 1143 vermutlich von einer religiösen Kommunität bewohnt. Den Landgrafen von Thüringen übergeben, erhielt die Kommunität von Männern und Frauen die Regel des Augustinus, eine Kirche und den dort befindlichen Ort Cassele. In der Kirche lag fortan die Grablege der Grafen von Hessen. 1262 wurde Heinrich von Brabant als neuer Herr anerkannt und Kassel zur Residenz. Wo der Herzogssohn wohnte, ist nicht beschrieben worden.
Auf dem Gelände des Stiftes, das durch eine Stadtmauer von der Judengasse getrennt war, lag schließlich der kleine Judenfriedhof. Über einen verschlossenen Eingang gelangte man von der Judengasse auf das Gelände. Die Gasse hatte wie in Friedberg einen rechten Winkel. Dieser ist jetzt freigelegt.
"Wie ich bereits in der Bau- und Planungskommission 2021, im Ortsbeirat Wesertor 2023 und im Stadtparlament 2024 berichtete, befindet sich im Grabungsgebiet vermutlich auch eine alte Synagoge und eine Mikwe. (Christian Klobuczynski M.A., Stadtverordneter und Ortsbeirat)"
Das Landesamt für Denkmalschutz hat in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan ebenfalls auf die kulturhistorisch bedeutenden Bodendenkmäler verwiesen. Der vermutete Standort muss nun untersucht werden. Ebenso der Bereich der alten Stadtmauer.
Es werden nun alle historischen Schichten ergraben und die Funde dokumentiert. Erst wenn man nur noch unberührten Boden findet, hört die Untersuchung auf.
Wie vor dem Schloss Wilhelmshöhe, wo man unter einem Blumenbeet den Friedhof des ehemaligen Klosters fand, können sich im Boden noch Gebeine befinden. Richard III. von England, der vor einigen Jahren unter einem Parkplatz gefunden wurde, lebte zur Zeit, als der jüdische Friedhof in Kassel genutzt wurde. Genetische Untersuchungen könnten also feststellen, ob es sich um Juden oder Franken handelt.
In der Reformation wurden die Juden aus Cassele ausgewiesen und das Stift Ahnaberg aufgehoben. Das Kloster wurde Teil der Festung und die Synagoge Wohnung einer evangelischen Familie oder der Metzgergilde, die in der Gasse 1766 genannt wird.
Auf dem Foto sieht man im Vordergrund das Hofpflaster des Freyhauses von 1706, in dem 1810 Georg Christian Henschel wohnte und sein Unternehmen gründete. Daneben das sehr gut erhaltene Straßenpflaster der Gasse, die neuzeitlich "Vor dem Ahnaberg" genannt wurde. Unter den Steinen liegen ältere Schichten, die untersucht werden müssen. Dahinter das 1766 Genannte "Metzgergildehaus" und die Häuser Judengasse 1 bis 4.
"Aus moralischen und ethischen Gründen, habe ich den Bebauungsplänen bisher nicht zugestimmt und unterstütze die Grabungen. Wie in Frankfurt oder Jerusalem muss es auch in Kassel eine Möglichkeit des Präsentation geben. Die Stadt Kassel hat bisher nur das Bauvorhaben unterstützt. Stadtreparatur ist das Ziel! Der Fund einer Mikwe oder des Friedhofs wären problematisch. Die Häuser sind bereits durch Kriegseinwirkung zerstört. Das geplante Gebäude erhält eine Bodenplatte und Dutzende Stützpfeiler, die in den Boden getrieben werden. Die gesamte Fläche wird also perforiert. Mikwe und Gebeine könnten getroffen werden. (Christian Klobuczynski M.A., Stadtverordneter und Ortsbeirat)"