Consens Seniorenmagazin der Stadt Mainz

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conSens — unser Stand heute auf dem Seniorensommerfest, Marktplatz in Mainz.
07/09/2025

conSens — unser Stand heute auf dem Seniorensommerfest, Marktplatz in Mainz.

„Danke für ein langes Leben in Frieden, Danke für so viel Liebe."Wolfgang Michael Duschl
07/09/2025

„Danke für ein langes Leben in Frieden,
Danke für so viel Liebe."

Wolfgang Michael Duschl

Eine kleine LiebeserklärungVon Gerd MorlockIn einem reizvollen Tal des rheinhessischen Hügellandes, eingebettet in fruch...
25/08/2025

Eine kleine Liebeserklärung
Von Gerd Morlock

In einem reizvollen Tal des rheinhessischen Hügellandes, eingebettet in fruchtbare Äcker, saftige Wiesen und von ertragreichen Wingerten auf seinen Hügeln gekrönt, liegt eine der rheinhessischen Perlen: das romantische Weindorf Jugenheim.

In seinem Wappen führt der Ort den Löwen von Nassau-Saarbrücken. Im Jahr 2017 wurde das 1250-jährige Bestehen gefeiert. Jugenheim ist ein über Jahrhunderte landwirtschaftlich geprägtes Dorf. Seit 1315 werden hier Reben angebaut. Aus den rheinhessischen roten und weißen Trauben entstehen durch der Winzer- und Kellermeister Kunst hervorragende, vielfach prämierte Weine. Das Dorf erhielt zur Wasserversorgung 1905 einen Wasserbehälter im Jugendstil, eines der schönsten „Wasserhäuschen“ Rheinhessens.

Meine Mutter Dina wurde in Jugenheim geboren. Ihre Eltern Gertrud und Heinrich Weinel besaßen ein Häuschen mit großem Garten im „Hambach“. Der Vater war Straßenwärter, was ihr den Beinamen „Stroßewärersch Dina“ eingetragen hatte. Eine jüngere Schwester meiner Mutter hieß Elisabeth, sie war später meine „Lieblingstante Elis“.

Im Sommer nahm mein Vater seinen Jahresurlaub von zwei Wochen. Die Familienkasse erlaubte uns keine größeren Reisen. Daher bedurfte es keines weiteren Nachdenkens. Die Fahrt ging nach Jugenheim, um Tante Elis und Onkel Johann bei ihrer Getreideernte behilflich zu sein. Die beiden hatten zwei Kinder, Gisela und Hans Gerhard. Ich konnte es kaum erwarten, bis es endlich hieß: „Morgen geht's nach Jugenheim!“

Mit dem städtischen Omnibus ging es nach Stadecken. An der Kreisgrenze der Provinzhauptstadt Mainz endete damals die Buslinie. Dies war unser Ausgangspunkt für den vier Kilometer langen Fußmarsch über die Stadecker Chaussee nach Jugenheim. Bei strahlendem Sonnenschein ließ es sich gut und frohgemut marschieren, alte Chausseebäume säumten beide Straßenseiten und spendeten ausreichend Schatten. Hin und wieder begegnete uns ein beladener Leiterwagen, der von zwei Ochsen, Kühen oder Pferden gezogen wurde. Fröhliche Grüße wechselten zwischen uns und den Bauersleuten. Sobald wir die Anhöhe „Hohbergskäppje“ erreicht hatten, kam die Martinskirche in unser Blickfeld. Ihr Anblick gab uns für die letzte Wegstrecke noch einmal genügend Schwung.

Leider wurde mein Aufenthalt durch „Myriaden“ lästiger Stechmücken, „Pothhämmel“ genannt, empfindlich getrübt. Sie umsummten mich nachts, stachen zu und ließen mich schlecht schlafen. Wenn man die Blutsauger an die Wände klatschte, hinterließen sie auf den Tapeten hässliche rote Flecken – sehr zum Ärgernis meiner Tante. Wenn wir nachts mal raus mussten, der Weg zum „AB“ im Hof uns aber zu weit war, bedienten wir uns des Nachttopfs, des „Dibbje“, das stets griffbereit unterm Bett stand. In manchen Nächten war das laute Balzen eines Kauzes zu hören. Tante Elis teilte uns am nächsten Morgen ängstlich mit, dass, wenn nachts im Dorf ein Kauz ruft, der Tod nahe sei, um jemanden abzuholen.

Anders als in der Stadt, wo ich durch die lauten Geräusche der am Haus vorbeirauschenden Autos geweckt wurde, begann mein Morgen auf dem Land romantischer. Im Morgengrauen stimmten die Vögel das Gezwitscher und ihren Gesang an. Die Hähne begrüßten den jungen Tag mit fröhlichem Krähen, ihre Hennen stürmten flügelschlagend und gackernd aus ihrem Stall. Sie begannen sofort mit dem Scharren nach Pickbarem. Der Hufschmied meldete sich mit seinen kräftigen Schlägen auf den Amboss. Nach und nach muhten die Kühe, weil sie gemolken werden wollten und lautstark ihr Fressen forderten. Das Grunzen der Schweine steigerte sich zum Geschrei, auch sie verlangten ihre Fütterung. Die ersten Bauern fuhren mit ihren Karren aufs Feld, um vom Kleeacker frisches Futter für ihr Vieh zu holen. Bunt schillerten die Tautropfen auf Blättern und Zweigen. Die Luft roch den ganzen Tag über nicht mehr so intensiv nach Frische, Erde und Pflanzen wie in der Morgenkühle. Wer jemals das Glück hatte, diesen Zusammenklang von Tierlauten und vielfältigen Geräuschen menschlicher Betriebsamkeit erlebt zu haben, die frische Morgenluft einatmen zu können, wird sich immer wieder gerne dieser Harmonien erinnern.

Ab 1940 wurde in Deutschland wieder die Sommerzeit eingeführt. Spätestens um 6 Uhr morgens hieß es: Heraus aus den Federn! Nach einer kurzen erfrischenden Katzenwäsche mit eiskaltem Brunnenwasser lockte der Frühstückstisch. Unser typisches „Bauernfrühstück“ bestand aus Eiern, Schinkenspeck, Kartoffeln, Käse, selbstgemachter Butter und knusprigem Brot. Dazu gab es frisch gemolkene Kuhmilch. Nach der Versorgung der Tiere wurden um 7 Uhr die Kühe eingespannt und hinaus ging's aufs Feld. Die Getreidehalme wurden damals noch von den Männern mit der Sense geschnitten. Die Frauen rafften die Halme mit ihren Sicheln zu Garben zusammen. Wir Kinder drehten Strohseilchen oder verwendeten die bereitliegenden bunten Stricke, um die Garben zu Ballen, den „Boosen“, zusammenzubinden.

Die andauernde Sommerhitze pulverisierte die Feldwege zu feinstem Löss. Darin barfüßig zu laufen und möglichst viel Staub aufzuwirbeln, das war für uns Kinder ein Riesenspaß, außerdem gesund für die Füße. Wenn die Kirchenglocke um 12 Uhr läutete kamen die Oma oder die Tochter des Hauses auf dem Fahrrad mit ihren prall gefüllten Körben ins Feld. Auf dem Ackerboden wurde ein großes weißes Tuch ausgebreitet. Wir konnten es kaum erwarten, bis endlich der Tisch mit den vielen feinen Sachen gedeckt war, die mit großem Appetit und rechtschaffenem Hunger verzehrt wurden: Schwartenmagen, Blut- und Leberwurst, kalter Braten, Schmierkäse, Quellkartoffel, hartgekochte Eier, im Separator (Zentrifuge) selbstgemachte Butter, frisches knuspriges Brot, süße Äpfel und saftige Birnen. Für uns städtische Erntehelfer war dies das reinste Schlaraffenland. Die Erwachsenen tranken dazu kühlen „Haustrunk“ aus verdünntem Wein. Wir Kinder wurden dagegen mit Wasser, Apfel- und Traubensaft oder Pfefferminztee „abgespeist“. Wenn wir uns unbeobachtet glaubten, nahm jeder von uns einen kräftigen Schluck aus der Pulle. In der Hitze bekam uns der Haustrunk nicht besonders gut. Bald fühlten wir uns müde und schlapp. Die Großen führten unseren Zustand auf die starke Sommerhitze zurück und empfahlen uns, im Schatten ein bisschen zu schlafen. Zurück fuhren wir hoch auf dem beladenen Erntewagen in die Scheune. Ich durfte sogar von dort oben die Zügel halten und die Kühe lenken.

Allgemein gefürchtet waren die heftigen Sommergewitter. Oft kamen die Gewitter nachts und schreckten uns auf. Ältere, abergläubische, fromme Bauersfrauen beteten, das bedrohliche Unwetter möge, ohne viel Schaden anzurichten, bald vorübergehen. Eben schien noch schwül heiß die Sonne, schnell wurde der Himmel dunkel, oft pechschwarz. Unaufhörlich zuckten Blitze gefolgt von furchterregenden Donnerschlägen, begleitet von starkem Regen, manchmal sogar mit eiergroßen Hagelkörnern. Der „Saubach“, der „Partenheimer Bach“ und der „Hohbach“ schwollen zu kleinen reißenden Flüsschen an. In Sturzbächen jagten die gewaltigen Fluten von den Hügeln herunter über die Dorfstraßen in die niedriger gelegenen Felder und Wiesen. Dabei rissen sie alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. In den noch nicht abgeernteten Getreidefeldern drückten die niedergehenden Wassermassen die Halme flach auf den Grund. Die Schnitter hatten es dann besonders schwer. Das Mähen, Raffen und Bündeln waren Schwerstarbeit, aber notwendig, damit das feuchte Getreide nicht faulte.

Eines Tages hörten wir aus der Ferne das auf- und abschwellende Blubbern eines Lanz Bulldogs. Jedes Mal, wenn der Fahrer aufs Gaspedal trat, stieß das Vehikel dicke schwarze Rauchwolken aus. Die Dreschmaschine war im Anmarsch! Der Bulldog zog das Ungetüm und seinen Motorwagen ins Dorf, anschließend schob er beides in Tante Elis' Hof. Der Bulldog verabschiedete sich wieder, blubbernd mit dicker schwarzer Rauchwolke. Nachdem alles korrekt eingerichtet war und jeder seinen Arbeitsplatz an der Maschine eingenommen hatte, wurde der elektrische Antriebsmotor gestartet. Mit einem geräuschvollen Auf- und Abschwellen der Maschine nahm das Dreschen seinen Verlauf. Oben auf der Maschine standen zwei Arbeiter. Sie lösten die Stricke der Garben und führten sie in den Einlaufkasten der Maschine ein. Die Körner fielen in einen Sack. Der gefüllte Sack wurde von einem Helfer gegen einen leeren ausgetauscht. Das ausgedroschene Stroh kam zurück in die Scheier; es war die ideale Einstreu für das Vieh. Das Dreschen war nicht nur laut, sondern auch sehr staubig. Den immerfort durstigen Dreschern mit ihren trockenen Kehlen reichte die Tante den alkoholärmeren Trinkwein oder Haustrunk, besonders gerne das weniger beliebte Wasser, damit die Arbeiter nicht allzu früh „arbeitsunfähig“ wurden. Nach getaner Arbeit wurden Drescher und Helfer fürstlich mit Geselchtem, Sauerkraut, Schwartenmagen, allerlei Würsten, geräuchertem Schinken, Schmierkäse und den unvermeidlichen Quellmännern bewirtet. Dazu wurde Wein aus dem guten Fass gereicht. Wir Kinder bekamen ausnahmsweise auch ein „Piffchen“ davon ab.

Ausgesprochen wohl fühlte ich mich in Jugenheim im Kreis meiner lieben Verwandten. Die gewohnten Annehmlichkeiten der Stadt vermisste ich nicht. Jugenheim wurde zu meiner zweiten Heimat und ich wünschte mir als sechsjähriger Schulbub, für immer hier bleiben zu können.

Danke an unsere neuesten Top-Fans! 💎Rudolf Büllesbach, Hildegard Tardio, Kurt Merkator, Margarethe Helene Breidel
08/08/2025

Danke an unsere neuesten Top-Fans! 💎

Rudolf Büllesbach, Hildegard Tardio, Kurt Merkator, Margarethe Helene Breidel

Förderung der Literatur in MainzVon Prof. Dr. Volker BeeckIm Rahmen ihrer Kulturpolitik fördert die Stadt Mainz die Lite...
07/08/2025

Förderung der Literatur in Mainz
Von Prof. Dr. Volker Beeck

Im Rahmen ihrer Kulturpolitik fördert die Stadt Mainz die Literatur in besonderer Weise. Neben den Zuschüssen an das Literaturbüro Mainz e. V. und die Stiftung Lesen sind die Großveranstaltungen der Mainzer Minipressen-Messe, der Mainzer Johannisnacht und der Mainzer Büchermesse hervorzuheben.

Ein weiteres städtisches Engagement zielt auf die Ermutigung und Würdigung von Autorinnen und Autoren durch die Verleihung von Literaturpreisen.

Die Literaturmessen bieten dem breiten Publikum Gelegenheiten, mit Autorinnen und Autoren, Verlagen, dem Buchhandel und bildenden Künstlern in Kontakt zu kommen.

Auf der 27. Internationalen Buchmesse der Kleinverlage und Künstlerbücher werden über 220 internationale Ausstellerinnen vom 30. Mai bis 1. Juni in der Rheingoldhalle rund 5.000 Titel und 1.000 Neuerscheinungen vorstellen. Als Teil der in diesem Jahr vom 20. bis 23. Juni stattfindenden Johannisnacht präsentiert sich der antiquarische Büchermarkt rund um Schillerplatz und Ballplatz. Später im Jahr folgt die 24. Mainzer Büchermesse am 25. und 26. Oktober. Während eines Wochenendes ist sie Plattform für alles, was mit Büchern in Verbindung steht. Alle Akteure laden zum Gespräch mit Interessierten ein. Das Rahmenprogramm mit Lesungen und Vorträgen ermöglicht intensive Eindrücke vom Schaffen der Autorinnen und Autoren und stellt Fragen der Literatur zur Diskussion.

Durch die beiden Literaturpreise werden einzelne Autoren gefördert. Speziell an den literarischen Nachwuchs wendet sich der Literaturförderpreis der Landeshauptstadt Mainz.

Er wird seit 1987 alle zwei Jahre an Autorinnen oder Autoren verliehen, die das 35. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und einen eindeutigen Lebensbezug zu Mainz oder Rheinhessen aufweisen.

Ein alljährliches Highlight im Mainzer literarischen Leben ist die Vergabe des Stadtschreiber Literaturpreises. Er wird gemeinsam von der Landeshauptstadt Mainz, dem ZDF und 3sat verliehen. Der Preis ist mit 12.500 Euro dotiert und beinhaltet für ein Jahr das Wohnrecht in der Stadtschreiberwohnung. Sie liegt im Herzen der Altstadt mit Blick auf den Markt. Üblicherweise produzieren die Stadtschreiber gemeinsam mit dem ZDF und 3sat einen Film nach eigener Themenwahl.

2025 geht der Preis an Annett Gröschner. 1964 in Magdeburg geboren lebt sie seit 1983 in Berlin. An der dortigen Humboldt-Universität studierte sie Germanistik, ein Studienaufenthalt führte sie nach Paris. Der Mainzer Öffentlichkeit wurde sie in einer Pressekonferenz am 1. April 2025 vorgestellt. Zwei Tage darauf erfolgte die offizielle Verleihung des Stadtschreiberpreises in einer Abendveranstaltung im Leibnitz-Zentrum für Archäologie (LEIZA). In seiner Begrüßungsrede wies Nino Haase, der Mainzer Oberbürgermeister, darauf hin, dass Annett Gröschner durch ihre Lesungen zum Austausch und damit zum gegenseitigen Verständnis zwischen Ost- und Westdeutschen beitragen werde.

Annett Gröschners literarisches Schaffen ist vielfältig angelegt. Journalistisch arbeitete sie als Mitbegründerin und Mitarbeiterin der Frauenzeitschrift Ypsilon. In Zeitungen und Magazinen erschienen zahlreiche ihrer Beiträge. Sie ist als literarische Stadthistorikerin in Berlin verortet. Auf ihre Themen blickt sie aus weiblicher Perspektive, wobei Menschen in prekären Verhältnissen und Bezügen zur ehemaligen DDR besondere Bedeutung zukommt. Gerne arbeitet sie mit anderen Autorinnen und Autoren zusammen. Das zeigte sich bereits in der Kooperation mit der syrischen Schriftstellerin Dima Albitar Kalaji bei dem Projekt „Wie riecht die Diktatur?“. Beide sammelten dafür Geschichten und Erlebnisse von Menschen, die in Diktaturen lebten.

Zum Bestseller geworden ist das gemeinsam von Annett Gröschner, Peggy Mädler und Wenke Seemann verfasste Sachbuch „Drei ostdeutsche Frauen betrinken sich und gründen den idealen Staat“. Genreübergreifend ist die Fotoausstellung „Inventarisierung der Macht – Die Berliner Mauer aus anderer Sicht“ angelegt, die gegenwärtig im Mauer-Mahnmal des Deutschen Bundestags gezeigt wird. Hier haben Annett Gröschner und der Fotograf Arwed Messmer mit literarischen Collagen und Fotos aus Ost- und Westberliner Sicht einen Blick auf die Mauer geworfen.

Dem breiten Publikum stellte sich die neue Mainzer Stadtschreiberin am 4. April persönlich in ihrer Antrittslesung im LEIZA vor. Dazu präsentierte die Autorin mehrere Textpassagen aus ihrem gerade erschienenen dritten Roman „Schwebende Lasten“. Es ist ein der deutschen Geschichte gewidmeter Familienroman, in dessen Mittelpunkt die Blumenbinderin und spätere Kranfahrerin Hanna Krause steht. Erzählt wird ihr Schicksal, in dem sich Diktaturen, Weltkriege und andere Katastrophen des 20. Jahrhunderts widerspiegeln.

Zu Recht wies Marianne Grosse, Mainzer Kulturdezernentin, in ihrer Begrüßungsansprache auf den tiefgründigen Humor der Autorin hin. Zum Lachen brachten mich ihre häufig lakonischen Sätze, die zu witzigen Formulierungen führten. So ging die trockene Umschreibung des Heimatbegriffs als Zitat eines ihrer Aussprüche in die Überschrift zu diesem Beitrag ein. In Anspielung auf den Titel ihres Buchs zum idealen Staat kündigte Annett Gröschner für den 3. Oktober (Tag der Deutschen Einheit) eine Lesung mit ihren Koautorinnen und anschließendem „gemeinsamen Besäufnis“ in der Kakadu-Bar ein.

Bei vielen Gelegenheiten werden die Mainzerinnen und Mainzer ihre aktuelle Stadtschreiberin erleben können. Es wird sich lohnen, an den Veranstaltungen teilzunehmen, um mehr über die innerdeutschen Verhältnisse und Befindlichkeiten zu erfahren und sich am Witz der Autorin zu erfreuen.

DER FRANKFURTER HOFVon Dr.-Ing. Rainer MetzendorfAls „Narrhalla“, „Katholisches Kasino“ und „Mainzer Paulskirche“ war de...
20/07/2025

DER FRANKFURTER HOF
Von Dr.-Ing. Rainer Metzendorf

Als „Narrhalla“, „Katholisches Kasino“ und „Mainzer Paulskirche“ war der „Frankfurter Hof“ im Herzen der historischen Altstadt einst Mittelpunkt des kulturellen, politischen und sozialen Lebens. Darüber hinaus ist er das Paradebeispiel der Mainzer Altstadtsanierung.

Der Name „Zum Frankfurter Hof“ leitet sich vom Bartholomäusstift in Frankfurt ab, das in der Mainzer Augustinerstraße, Ecke Badergasse bereits 1568 ein Hospital für Pilger besaß. Ende des 18. Jahrhunderts kam das Anwesen in bürgerliche Hände und wurde von Georg Richard Schmitt in das Bierhaus „Zum Frankfurter Hof“ umgenutzt. 1834/35 erwarb Konrad Falck das Gasthaus und erweiterte den Bau im rückwärtigen Bereich um einem geräumigen Festsaal mit breiten Zuschauergalerien auf drei Seiten. Beeindruckend war der Dachstuhl als Sprengwerkkonstruktion mit hochgezogener Decke und geschickt eingebundener Hallenlüftung: ein „Tempel der Geselligkeit“, wie es in Mainz noch keinen gab. Im November 1841 wurde die neue „Narrhalla“ vom 1838 gegründeten Mainzer Carneval-Verein eingeweiht und fortan für seine närrischen Generalversammlungen genutzt. Der Eintritt zu den Sitzungen im großen Saal für 500 bis 600 Narrhallesen entsprach damals inklusive der Begleitung einer Dame dem Tageslohn eines Arbeiters. Diese ersten Kampagnen begründeten den politisch-literarischen Gehalt der Mainzer Fastnacht und trotzten in freier Rede der sonst strengen Zensur durch die Obrigkeit.

Nach dem Tod von Konrad Falck 1843 übernahm seine Witwe Christina die Gastwirtschaft und gab sie dann an Johann Ludwig Engelhard, einen Schwager ihres Mannes, weiter. Beim viertägigen Katholikentag 1851 starben bei einer Panik nach falschem Feueralarm sechs Frauen auf den Tribünen. Engelhard verkaufte das Gebäude 1864 an Johann Falck III. und an Andreas Schmidt für 90.000 Gulden, die es für den „Katholischen Leseverein“ herrichteten. Am 20. November 1864 fand mit Bischof Wilhelm von Ketteler die feierliche Eröffnung statt. Der Verein nannte sich danach „Kasinogesellschaft im Frankfurter Hof“ und wurde zu einem katholischen Bollwerk. Die kritische Haltung der katholischen Kirche unter dem einflussreichen Bischof Ketteler gegenüber der Fastnacht, die in ihren Sitzungen „Religion und Sitte, Vaterland, Fürst und Volk“ verhöhnte, führte dazu, dass sich der Mainzer Carneval-Verein umgehend eine neue Bleibe suchen musste. Er fand sie mehr schlecht als recht in der 1839 errichteten „Fruchthalle“. Mit der Bildung eines „Bürgercomités“, den Vorbereitungen zur Wahl der Nationalversammlung und der Gründung des „Demokratischen Vereins“ wurde in der Märzrevolution 1848 das Gasthaus zur „Mainzer Paulskirche“. Am 20. Mai 1863 hielt Ferdinand Lassalle, Mitbegründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins im Mainzer Frankfurter Hof vor rund 900 Zuhörern eine fast zweistündige Rede, in der er seine sozialen und politischen Thesen vortrug. Allmählich bekam auch „das weibliche Element“ Zutritt. Die Damen saßen zwar auf den vordersten Bänken, beteiligten sich aber nicht an den Verhandlungen und leisteten allein durch ihre Anwesenheit das Ihrige. Im August 1876 brannte die „Fruchthalle“ ab. Bis zur 1884 eröffneten Stadthalle am Rhein diente der Frankfurter Hof als Ersatzort für Tagungen, Jubiläen, Vereinssitzungen, Sylvesterfeiern bis hin zu Fahnenweihen.

Dank einer städtebaulichen Umgestaltung des Quartiers entstand anstelle des in die Jahre gekommenen Altbaus Augustinerstraße 55 nach Plänen des renommierten Mainzer Architekten Franz Gill 1895 ein neues Hauptgebäude im spätbarocken Stil als „Clubhaus der Casinogesellschaft“. Das dreigeschossige Gebäude mit abgerundeter Ecke und schiefergedecktem Mansarddach verleiht seitdem dem Straßenbild einen nicht nur architektonisch auffälligen Akzent (Abb. 1), betont durch die mittige Nischenfigur des heiligen Josef im ersten Obergeschoss, begleitet von zwei mit Lorbeer und Eichenlaub unterlegten Wappen: rechts das Mainzer Stadtwappen, links belegt das Papstwappen die romtreue Gesinnung der Casino-Gesellschaft. Zwei Lichthöfe trennten und verbanden nun den neuen Vorderbau mit dem rückwärtigen Saalbau, dessen westliche Abschlussmauer nach Trassierung der Schönbornstraße als ungestaltete Brandwand freigelegt wurde. 1932 fanden im Frankfurter Hof die letzten freien Reichstagswahlen statt, bei der sich die Zentrums-Partei mit acht Stimmen Vorsprung noch gegen die NSDAP durchsetzen konnte. 1938 richtete hier die Jüdische Gemeinde eine Auffangstelle zur Betreuung geflohener rheinhessischen Juden ein. Im Kriegsjahr 1944 erfolgte der Einbau eines Kinos, das 1951 zum „Filmtheater Casino“ erweitert wurde, zehn Jahre später aber einer Buchdruckerei weichen musste.

1972 erwarb die Stadt Mainz das mittlerweile fast leerstehende Anwesen. Das Interesse lag dabei nicht an dem historisch wertvollen Bestand, sondern an der zentralen Lage des Grundstückes. Bis auf die Fassade an der Augustinerstraße sollte der Frankfurter Hof abgerissen werden und ein Neubau bis zum Kirschgarten als Bürgerzentrum für die Altstadt entstehen. Bürokratische Mühlen, Schwierigkeiten mit der Finanzierung und aufkommende Proteste von Eigentümern der abzureißenden Häuser führten zu alternativen Überlegungen vom Einbau eines Stadtmuseums bis hin zum Neubau von Sozialwohnungen. Knackpunkt war der marode Zustand des Saales samt denkmalschutzwürdigem Dachstuhl, von dem es allerdings keine Unterlagen gab. Zwei Studenten der Mainzer Fachhochschule fertigten auf Anregung ihres Professors eine Bestandsaufnahme und Dokumentation. Dafür wurden sie 1978 mit einem Gutenbergstipendium ausgezeichnet. Ein dann von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten brachte 1979 die Erkenntnis, dass der Saal baukonstruktiv zu erhalten sei, aber umfassend saniert werden müsse. Die Diskussionen um Wert und Erhalt des Frankfurter Hofes setzten sich fort: auf der einen Seite die „linken Sanierungsromantiker“, auf der anderen die „Fachargumente“ der Abrissbefürworter. Zu Entscheidungen kam es, als der Deutsche Werkbund unter der Leitung von Prof. Helmut Kanis 1982 sein 75-jähriges Gründungsjubiläum im historischen Saal des Frankfurter Hofes (ohne Genehmigung der Stadt Mainz!) mit einer Matinee und klassischer Musik feierte. Die akustische Qualität und die klaren Proportionen des Festsaales begeisterten die Mitglieder und die gezielt eingeladenen Gäste. Dann überschlugen sich die Ereignisse: Ein weiteres Gutachten der Stadt Mainz „belegte“ nun doch eine akute Einsturzgefahr des Frankfurter Hofes und Oberbürgermeister Jockel Fuchs verfügte 1983 den Abriss. Eine hoch motivierte Bürgerinitiative und ein später einsetzender Sinneswandel in der Politik konnten das letztendlich verhindern.

Noch im selben Jahr beschloss der Stadtrat den Erhalt, sicherte die Finanzierung und ließ ein Konzept entwickeln, das sich an den historischen Baubestand und die Nutzung als Versammlungsort zu halten habe. Mit konkreten Vorgaben für den Saalbau an der Schönbornstraße, den zur Disposition stehenden Mittelteil in der Badergasse und den neobarocken Kopfbau zur Augustinerstraße mit weiterer Nutzung für fünf Wohnungen und den bestehenden Lebensmittelmarkt im Erdgeschoss lobte die Stadt Mainz 1985 einen städtebaulichen Realisierungswettbewerb aus, den die Darmstädter Architekten Alois Funk und Paul Schröder gewannen und unter Betreuung der Mainzer Wohnbau ausführten (Abb. 2 + 3).

Hauptproblem der Sanierung war die statische Sicherung des Saales, bei dem im schluffigen Baugrund der Rheinebene die Außenwände bis zu 30 Zentimeter nach außen aus dem Lot geraten waren. Auch der erhaltenswerte hochmarode Dachstuhl hatte sich aus seinen Verankerungen gelöst. Statiker Fritz Grebner (1910-2003), der bereits 1945 in einer spektakulären Aktion den einsturzgefährdeten Kirchturm von St. Stefan gerettet hatte, fand die Lösung: Als erstes erhielt der Saal eine Bodenplatte aus Beton und danach 16 Meter tiefe Pfahlgründungen, die bis zum tragfähigen Grund reichten. Die verfallenen Holzstützen des Innenraumes samt Dachstuhl bekamen eine stabilisierende Ummantelung. Ohne zu zerbrechen wurden zum Schluss die schiefen Außenwände aus Naturstein behutsam von Innen beigezogen.
Bis ins Detail folgten die Architekten ihrem Leitgedanken „mit einer konsequent neu gestalteten Architektur die Eigenständigkeit der Altbauten zu betonen“. Markant hebt sich der Zugang vom Frankfurter Hof in der Augustinerstraße von den weiteren Hauseingängen ab und führt über eine Vorhalle mit Garderobe (Abb. 10), Aufzug und repräsentativer Treppe zum Foyer im ersten Obergeschoss (Abb. 4). Diese zweigeschossige Anlage mit begleitenden Galerien, freigestellter Treppe und Glasdach samt abschließendem Baldachin liegt zwischen Saal und Innenhof des Wohngebäudes (Abb. 5).

Im Gegensatz zum offenen gläsernen Foyer wirkt der Saal introvertiert. Seine ursprünglichen Proportionen und Gliederungen sind beibehalten, doch ist die innere Verkleidung mit zeitgemäßen Formen und Materialien getrennt vor die historischen Mauern gestellt (Abb. 6). Alt und Neu stehen dadurch gleichberechtigt nebeneinander. Drei große in der Höhe verstellbare Lüster als Interpretation historischer Vorbilder und Kapitelleuchten an den Stützen vermitteln einen festlichen Charakter. Deutlich setzt sich der neue Mittelbau in der Badergasse durch Glasfugen und durch den eingestellten Treppenhauszylinder ab (Abb. 7). Gemeinsame Materialien wie gelber Sandstein und dunkler Muschelkalk sowie formale Bezüge dokumentieren jedoch die Zugehörigkeit zum Gesamtkomplex. Beide Materialien tauchen in den Anschlussgebäuden auf: Sandstein in der Fortführung zur Augustinerstraße und Muschelkalk an der Saalfassade (Abb. 8). Der Westgiebel des Saales, einst geschlossene Brandwand, erhielt eine neue Ansicht durch horizontale, alternierende Streifen aus Putz und einen Balkon als Blickfang (Abb. 9).

Nach fünfjähriger Planungs- und Bauzeit mit Baukosten von knapp 20 Millionen DM konnte das neue Kulturzentrum „Frankfurter Hof“ pünktlich zum 150. Jubiläum des historischen Saales 1991 eingeweiht werden, erhielt spontan, noch im gleichen Jahr, den „Mainzer Bauherrenpreis“ sowie die Auszeichnung „Vorbildliche Bauten in Rheinland-Pfalz“. Seitdem ist es ein „El Dorado“ besonders für internationale Größen aus Jazz, Klassik und Popkultur.

Das alte FotoOsteiner Hof und St. Stephan 1952Von Kurt MerkatorDer Osteiner Hof, erbaut 1747-1752 im Auftrag des Kurfürs...
09/07/2025

Das alte Foto
Osteiner Hof und St. Stephan 1952
Von Kurt Merkator

Der Osteiner Hof, erbaut 1747-1752 im Auftrag des Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein, war der Abschluss der repräsentativen Bebauung des damaligen „Thiermarkts“ und heutigen Schillerplatzes.

Lange blieb er nicht das Stadtpalais der Osteins, denn nach der französischen Revolution besetzten die Franzosen das Gebiet bis zum Rhein, enteigneten den Adel, der floh, und machten den Palast zu einem öffentlichen Gebäude. Jeanbon St. André, seit 1802 Präfekt des Departement Mont-Tonnere, hatte dort seinen Sitz. Der Osteiner Hof wurde immer wieder Sitz regionaler Kommandos, angefangen von den Franzosen über Kaiser Wilhelm I., der hier ab 1854 als Gouverneur residierte. Seit dieser Zeit heißt das Gebäude bei den Mainzern das „Gouvernement“. Es wurde Hauptquartier von Friedrich Karl Nikolaus von Preußen während des Deutsch-Französischen Kriegs. Nach dem Ersten Weltkrieg kehrten die Franzosen zurück in den Palast.

Am 20. April 1933, dem Geburtstag Adolf Hitlers, übergab die Stadt Mainz das Gebäude an die NSDAP, die dort die Leitung der SS und der SA unterbrachte. Durch die Bombardements des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude zerstört, nach dem Krieg auf Drängen der Franzosen, die einmal mehr als Besatzer in dieser Stadt waren, 1947-1948 sehr schnell wiederhergestellt. Nach Abzug der Besatzer wurde es bis 2014 Standortkommandantur der Bundeswehr. Danach wurde der Osteiner Hof wieder privatisiert. Es entstanden 34 Wohneinheiten und einige Gewerbeflächen. Der Balkon über dem Eingang ist weiterhin der Ort, an dem am 11.11. um 11:11 Uhr das närrische Grundgesetz verlesen wird, das die Fastnacht eröffnet. Im Osteiner Hof kann man sich an jedem zweiten Freitag im Monat das Ja-Wort geben.

Unser Foto des Palais dürfte aus den frühen 1950er Jahren stammen. Es zeigt den Osteiner Hof in alter Pracht, als sei nichts geschehen. Der Fastnachtsbrunnen wurde erst 1967 errichtet und die Straßenbahn, die die Gaugasse herunterkam, fuhr noch in einem Bogen um den Schillerplatz, wie das Haltestellenschild vorne im Bild beweist. Ein Blick die Gaugasse hinauf zeigt, dass es zu diesem Zeitpunkt auch hier viele Kriegsschäden gab.

Wir sehen den von Sprengbomben getroffenen Turm von St. Stephan noch ohne Turmhelm und Laterne, die erst 1961 wiedererstanden. Nach Kriegsende klaffte auf der Nordseite des Turms ein 32,5 cm breiter Riss. Der gespaltene Turm, die Risse im Mauerwerk und das beschädigte Säulenfundament ließen die Hochschule Darmstadt zu dem Urteil kommen, der Turm würde bald nach Südosten umkippen und sei daher abzureißen oder zu sprengen.

Dem widersprach der geborene Mainzer Bauingenieur Fritz Grebner. Er schreibt in seinem Buch „St. Stephan in Mainz. Sicherung und Wiederaufbau 1945“: „Bei der Mainzer Bevölkerung genießt der Turm große Sympathie. Es knüpfen sich zahlreiche Erzählungen und alte Geschichten an seine Vergangenheit. Nicht unwesentlich trug zu seiner Popularität bei, dass 1875 in der Türmerwohnung Drillinge geboren wurden. Diese hatten den Zweiten Weltkrieg überlebt und 1946 bereits das 70. Lebensjahr überschritten.“ Grebner entwickelte Pläne, um durch einen Notpfeiler, Zuganker und Ölpressen den Turm zusammenzuziehen und zu stabilisieren, was dann nach 5 Wochen tatsächlich gelang, und zwar am 27. Februar 1947, also genau zwei Jahre nach dem verheerenden Luftangriff. Der Abschluss des Wiederaufbaus sollte erst Ende der 1960er Jahre gelingen.

Fritz Grebner hat somit wesentlich dazu beigetragen, dass sich eines der markantesten und ältesten Gebäude von Mainz auch heute noch über der Stadt erhebt. Monsignore Klaus Mayer hat der Kirche dann mit den Fenstern von Marc Chagall zu einem Stellenwert verholfen, der jährlich Tausende von Touristen nach Mainz führt.

Gautor und Münstertor – Reichverzierte Festungstore im barocken MainzVon Dr. Rudolf BüllesbachAuf diesen Tag hatten die ...
21/06/2025

Gautor und Münstertor – Reichverzierte Festungstore im barocken Mainz
Von Dr. Rudolf Büllesbach

Auf diesen Tag hatten die Menschen in Europa lange gewartet. Am 24. Oktober 1648 läuteten in Münster und Osnabrück die Glocken und die Einwohner stimmten den Choral „Nun danket alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen“ an. In beiden Städten war gerade der Westfälische Friede verkündet und damit der Dreißigjährige Krieg beendet worden.

Es war das Ende eines Krieges, bei dem Mainz fast 44 Prozent seiner Einwohner verloren hatte. Die Überlebenden sehnten sich nach Frieden und Sicherheit. Diesem Friedenswunsch kam Kurfürst Johann Philipp von Schönborn durch einen verstärkten Festungsbau nach. Eine moderne Festung konnte der Residenz des Kurfürsten und weiten Teilen des Kurstaates Schutz vor Überraschungsangriffen und Truppendurchzügen territorialer Gegner bieten. Ein Weiteres kam hinzu: Machtpolitisch wollte der Mainzer Kurfürst mit einer neuen Festung seinem Amt als Erzkanzler des Reiches noch mehr Glanz verleihen, frei nach dem Motto: Den Bürgern zur Wehr, dem Kurfürsten zur Ehr.

Anfang 1655 begann eine der größten Baumaßnahmen, die Mainz bis dahin erlebt hatte. Bis 1708 errichtete der Kurstaat eine der modernsten Festungen in Europa. Vor den Resten der mittelalterlichen Stadtmauer entstand ein barocker Festungsring mit 15 gewaltige Bastionen und 4 Bastionen der Zitadelle auf der linken Rheinseite sowie rechtsrheinisch 4 Bastionen des Fort Mars.

Durchgänge durch den geschlossenen Festungsring in die Stadt gab es am Rhein, wo die alte Stadtmauer mit ihren Toren und Tortürmen erhalten geblieben war. Vier neue Durchgänge waren an den Landseiten geschaffen worden. Das Neutor und das am anderen Ende der Stadt gelegene Raimunditor dienten als Verbindungen zu den entlang des Rheins verlaufenden Straßen. Das Gautor und das Münstertor verbanden die Stadt mit dem rheinhessische Umland in Richtungen Bingen und Alzey.

Alle Tore waren mit reichverzierten Schaufassaden ausgestattet und bildeten repräsentative Zugänge in die Stadt. Sie dienten aber nicht nur der Repräsentation, sondern mussten als Lücken und Durchlässe im Festungsverbund auch gegen mögliche Angreifer auf besondere Weise gesichert werden. Das ist gut bei dem 1670 errichteten Gautor und dem 1664 gebauten Münstertor zu erkennen. Das Aquarell von André Brauch am Beginn dieses Beitrags mit der Rekonstruktion der barocken Gautoranlage um 1780 zeigt den mehrfach gesicherten und gewundenen Zugangsweg zur Toranlage und, wie dieser von jeder beliebigen Stelle der angrenzenden Mauern und Bastionen verteidigt werden konnte. Direkt vor dem Tor ist eine Vorfestung als Brückenkopf (Ravelin) zu erkennen, der die Brücken, die über die Festungsgräben zu dem Tor führten, vor einem direkten Angriff decken sollte. Das Tor selbst war durch Ziehbrücken sowie durch einen geknickten Tunnel-Durchgang (Poterne) gesichert, was es den Verteidigern ermöglichte, eindringende Feinde noch unmittelbar vor oder in der Toranlage abzuwehren.

Ein vergleichbares Verteidigungssystem gab es beim Münstertor, von dem die beiden Aquarelle von Stephan Schmitt einen guten Eindruck vermitteln. Mit dem Münstertor begann die Gartenfeldfront, die sich bis zum Rhein erstreckte (siehe Karte). Gesichert war dieser Festungsabschnitt durch einen von Zeybach und Grabbrunn gespeisten nassen Graben. Der im Endausbau bis zu 30 Meter breite Wassergraben stellte entlang der heutigen Kaiserstraße mit den dahinterliegenden Bastionen eine kaum zu überwindende Barriere für mögliche Angreifer dar. Ein Teil dieses Wassergrabens bildete der Münsterweiher, dessen Wasser mit einem gemauerten Wehr gestaut wurde. Den Zugang in die Stadt ermöglichte eine Brücke, die den äußeren Toreingang mit dem davor liegenden Münstertor-Ravelin verband und von dort abknickend zum Gartenfeld führte. Ebenso wie beim Gautor gab es innerhalb der Münstertoranlage einen geknickten Tunnel, der unter einem bis zu 15 Meter hohen Erdwall verlief und zu dem stadtwärts liegenden, mit Zinnen versehenen Münstertor-Gebäude führte. Der stadtseitige Zugang zur Toranlage war ebenfalls mit einer Schaufassade versehen. Mauerreste der Münstertoranlage wurde im März/April 2025 bei den Bauarbeiten zur neuen Straßenbahnlinie in der Binger Straße freigelegt (siehe Lageplan). Nach Presseberichten ist mit weiteren Funden zu rechnen.

Das Ende der barocken Festung erfolgte in zwei Stufen. Im Zusammenhang mit der Stadterweiterung wurde mit dem Rheingauwall zwischen 1873 und 1879 um die Neustadt ein neuer Festungswall gebaut. Dieser ersetzte die barocke Gartenfeldfront, sodass 1877 auch das erst 1859 erneuerte Münstertor niedergelegt werden konnten. Auch die 1880 erfolgten Umbauten und Erneuerungen des Gautors hatten nicht lange Bestand. Mit der Entwicklung größerer und weitreichenderer Geschütze sowie der Erfindung hochbrisanter Sprengstoffe waren seit 1885 die barocken Festungswerke nicht mehr ausreichend gegen die Wirkung von Artilleriegeschossen geschützt. Das Gautor wurde deshalb 1896 abgebrochen. Erhalten blieb die äußere Schaufassade der Toranlage, die in der Nähe des ursprünglichen Standorts heute noch an die barocke Festung erinnert.

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