Consens Seniorenmagazin der Stadt Mainz

Consens Seniorenmagazin der Stadt Mainz conSens ist das Seniorenmagazin der Städte Mainz und Wiesbaden.

conSens ist ein kostenloses Lesevergnügen für die Generation 50plus, viermal im Jahr gedruckt erhältlich und jetzt auch Artikel für Artikel auf Facebook zu lesen und zu stöbern!

DIE WIESBADENER KOLUMNELiebe Leserinnen und Leser,der Jahreswechsel lädt traditionell zum Rückblick ein und dieser fällt...
04/12/2025

DIE WIESBADENER KOLUMNE

Liebe Leserinnen und Leser,

der Jahreswechsel lädt traditionell zum Rückblick ein und dieser fällt für die Veranstaltungen der städtischen Altenarbeit in Wiesbaden überaus erfreulich aus. Im zurückliegenden Jahr ist es uns gelungen, wichtige gesellschaftliche Themen so aufzugreifen, dass sie Menschen zusammengebracht haben.

Drei Beispiele möchte ich besonders hervorheben. Hitzeschutz war Gegenstand einer gut besuchten Veranstaltung, bei der wir das bewährte Format aus
geselligem Beisammensein mit Kaffee und Kuchen, Musik, Quizfragen und Preisen nutzten, um für ein ernstes Thema zu sensibilisieren. Der Klimawandel ist
längst auch in Wiesbaden spürbar. Gerade für ältere Menschen wird Hitze zunehmend zu einer gesundheitlichen Herausforderung. 2026 werden wir das Format
weiterentwickeln und gezielt Jung und Alt zusammenbringen, denn Klimaschutz und Klimaanpassung gehen alle Generationen an.

Einsamkeit betrifft ebenfalls Menschen aller Altersgruppen. Erstmals nahmen wir im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche „Gemeinsam aus der Einsamkeit“ dieses Thema in den Fokus. Unterstützt von Studierenden der Hochschule RheinMain luden wir zu einem Spaziergang durch den Schlosspark ein; anschließend trafen sich die Teilnehmenden bei Kaffee und Kuchen, dankenswerterweise gespendet von der Bäckerei Schröer. Fast 100 Menschen kamen zusammen, ein ermutigendes Zeichen. Für 2026 planen wir eine Fortsetzung mit kleineren Bewegungsstationen entlang des Weges.

„Demokratie kennt kein Alter“, unter diesem Motto standen zwei von „Demokratie leben“ geförderte Workshops der städtischen Altenarbeit in Kooperation
mit dem Freiwilligenzentrum, in denen sich Jung und Alt gemeinsam mit demokratischen Werten auseinandersetzten. Eine Dokumentation dieser wichtigen
Veranstaltungsreihe wird voraussichtlich 2026 als Ausstellung an prominenter Stelle in Wiesbaden zu sehen sein.

Was all diese Formate verbindet, ist mehr als gelungene Veranstaltungsarbeit: Sie schaffen Begegnungsräume, in denen Menschen unterschiedlichen Alters,
unterschiedlicher Herkunft und Lebenssituationen miteinander ins Gespräch kommen. Sie machen deutlich, dass die großen Fragen unserer Zeit ‒ Klimawandel, soziale Teilhabe, der Zusammenhalt unserer Demokratie ‒ nur gemeinsam zu bewältigen sind. Genau dafür steht unsere Altenarbeit: für Partizipation, für Generationendialog, für eine Stadt, in der niemand allein gelassen wird.

Ich danke allen Mitwirkenden in der offenen Altenarbeit für ihr großes Engagement.

An dieser Stelle möchte ich einige persönliche Worte anschließen.

Am 2. September ist der langjährige Redaktionsleiter des conSens, Wolfgang-Michael Duschl, gestorben. Sein En­gagement und sein feines Gespür für The-
men, die Menschen bewegen, haben dieses Magazin über viele Jahre geprägt. Dafür gilt ihm mein aufrichtiger Dank und meine große Anerkennung.

Mein ­ herzliches Bei­ leid gilt dem gesamten conSens-Team, insbesondere Frau Völlinger, die nun die redaktionelle Leitung übernimmt. Liebe Frau Völlinger, es ist sicher nicht leicht, in die Fußstapfen Ihres Vaters zu treten. Ich wünsche Ihnen dabei alles Gute, viel Kraft und gutes Gelingen und freue mich auf viele weitere Ausgaben dieses wunderbaren Magazins.

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich einen guten Start in das neue Jahr. Möge es geprägt sein von Begegnung, Zusammenhalt und Zuversicht.

Ihre

Dr. Patricia Becher
Dezernentin für Soziales, Wohnen und Bildung

DIE MAINZER KOLUMNELiebe Leserinnen und Leser,wenn sich das Jahr seinem Ende zuneigt, liegt eine besondere Stimmung in d...
04/12/2025

DIE MAINZER KOLUMNE

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn sich das Jahr seinem Ende zuneigt, liegt eine besondere Stimmung in der Luft. Die Tage werden kürzer, die Abende länger und zwischen Lichterglanz und Adventsduft entsteht ein Raum der Besinnlichkeit. Viele Menschen blicken zurück: auf das, was gelungen ist, auf Momente des Miteinanders, aber auch auf Zeiten, die uns herausgefordert haben. Diese Wochen sind eine Einladung, innezuhalten und Bilanz zu ziehen nicht nur persönlich, sondern auch als Gesellschaft.

Das Jahr 2025 war kein einfaches. Die politischen und gesellschaftlichen Themen, die uns bewegen, reichen von der Sorge um den sozialen Zusammenhalt über den Umgang mit Klimaveränderungen bis hin zu wirtschaftlicher Unsicherheit. Viele Menschen spüren die Veränderungen im Alltag. Gerade in solchen Zeiten gewinnen Werte wie Zusammenhalt, Solidarität und Mitmenschlichkeit an Bedeutung.

In Mainz zeigt sich dieser Zusammenhalt immer wieder im Großen wie im Kleinen: in den Nachbarschaften, in Vereinen, in sozialen Einrichtungen und Initiativen, die sich für andere einsetzen. Der Jahreswechsel bietet Gelegenheit, diese Beiträge sichtbar zu machen und wertzuschätzen. Das tun wir selbstverständlich auch als Stadt Mainz – etwa mit einem neuen Förderprogramm für Menschen ab 65, die ihr Eigenheim mit kleineren Maßnahmen klimaresilienter machen wollen, oder aber mit der App „Gut versorgt in Mainz“, mit der wir alle Menschen, aber besonders Seniorinnen und Senioren, über alles Wichtige in der Stadt, aber auch bei Extremwetterereignissen informieren wollen.

Zugleich richtet sich unser Blick nach vorn. Der Beginn eines neuen Jahres weckt Hoffnung auf Begegnungen, auf Gesundheit, auf gute Nachrichten. Vielleicht nehmen wir uns vor, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die uns wichtig sind. Oder wir wollen etwas Neues lernen, ein altes Hobby wieder aufnehmen, vielleicht auch politisch oder sozial aktiv bleiben. Es ist diese Mischung aus Rückblick und Aufbruch, die den Jahreswechsel so besonders macht. Das gilt auch für das conSens. Mit dem Tod von Wolfgang-Michael Duschl endet eine Ära beim conSens. Für uns alle bedeutet sein Ableben Verlust und Schmerz. Ihn würdigen wir mit jeder weiteren Ausgabe und sagen „Danke“ für das, was er uns als Mensch gegeben und hinterlassen hat. Zugleich bin ich dankbar, dass das conSens fortlebt mit einer würdigen neuen Redaktionsleiterin Frederike Völlinger und einem tollen Redaktionsteam. All Ihnen ein herzliches Danke!

In einer Welt, die oft laut und schnell ist, tut es gut, Momente der Ruhe zu finden bei einem Spaziergang am Rhein, einem Gespräch bei Kerzenschein oder beim Blättern in dieser Zeitschrift. conSens steht, wie der Name sagt, für das Verbindende: für Austausch, Verständnis und Gemeinschaft über Generationen hinweg. Das ist vielleicht das Schönste, was wir uns gegenseitig schenken können gerade am Ende eines Jahres. Und das ist, wie ich mit Ihnen allen die kommenden Jahre gestalten möchte: im Austausch und mit Blick dafür, wie wir gemeinsam unsere Stadt für alle immer noch ein Stückchen besser machen können.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihr Wirken in unserer Stadt im Kleinen in Ihren Familien- und Freundeskreisen und im Großen für die Stadtgesellschaft. Möge das neue Jahr 2026 Ihnen Gesundheit, Freude und viele kleine Glücksmomente bringen. Und möge es ein Jahr werden, in dem wir als Gesellschaft weiter zusammenrücken – nicht aus Not, sondern aus dem Bewusstsein, dass wir gemeinsam stärker sind.

Ihre

Jana Schmöller

04/12/2025

conSens Vorwort

Ein neues Kapitel

Nach den emotional sehr bewegenden vergangenen Wochen möchte ich einen Moment innehalten und mich von Herzen bedanken.
Für den großen Zuspruch aus so vielen Richtungen, der mich darin bestärkt hat, das conSens weiterzuführen.
Für die vielfältige Unterstützung mit Rat, Tat und oft auch ganz praktischer Hilfe bei der Erstellung und Fertigstellung dieser Ausgabe.
Für die große Nachsicht, dass zwar vieles schon gut gelungen ist, manches aber noch ein wenig holprig war.
Und für den Rückhalt in meiner Familie, die ohne Zögern an meiner Seite stand, mich motivierte und mir den Mut gab, diesen Schritt zu wagen.
Mir ist dabei stets bewusst, dass all dies aus Verbundenheit zu meinem Vater geschieht.
Darum: Danke, Papa!

Nun ist es Zeit, ein neues Kapitel für das conSens aufzuschlagen. Wie es aussehen wird, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Vieles befindet sich noch im Werden: Prozesse wollen erprobt, Abläufe neu gedacht und Inhalte weiterentwickelt werden. Fest steht jedoch: Das, was das conSens über all die Jahre geprägt hat, seine Nähe zu den Menschen, seine Verlässlichkeit und seine persönliche Handschrift sollen bewahrt werden. Gleichzeitig wird sich manches verändern, ganz bewusst oder auch einfach im natürlichen Wandel.

Ich werde diesen Entwicklungsprozess offen und neugierig angehen und dabei stets im Blick behalten, was das conSens ausmacht und wofür das Magazin geschätzt wird. Denn ich bin mir sicher: Auch mein Vater hätte gewollt, dass ich meinen eigenen Weg finde und meine ganz persönliche Handschrift in das conSens-Team einbringe.

Mit dieser Ausgabe endet ein herausforderndes Jahr und zugleich beginnt ein hoffnungsvolles neues. Ich freue mich darauf, diesen Weg gemeinsam mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, weiterzugehen.

Ihnen und Ihren Familien wünsche ich eine friedvolle Weihnachtszeit, erholsame Festtage und ein neues Jahr, das uns allen Gesundheit, Zuversicht und viele gute Momente bringt.

Ihre

Frederike Völlinger

Winter 2025 – die conSens-Hefte für Mainz und für Wiesbaden sind erschienen und jetzt auch online verfügbar. Das Seniore...
04/12/2025

Winter 2025 – die conSens-Hefte für Mainz und für Wiesbaden sind erschienen und jetzt auch online verfügbar.

Das Seniorenmagazin conSens bildet die Lebenswirklichkeit und die Lebensumwelt der älteren Generation ehrlich und offen ab, hält Menschen zusammen und bündelt Interessen. So hat sich unser conSens in der Mainzer und Wiesbadener Zeitungslandschaft mit Qualität einen festen Platz geschaffen.

„Älter werden mit Laune“ ist ein Motto, das maßgeschneidert zum Seniorenmagazin conSens passt. Das Magazin ist eine informative und vielfältige von Senioren für Senioren gemachte Quelle.

Wir wünschen allen Lesern besinnliche Feiertage und viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe.

Sie können die aktuellen Hefte auch über unsere Internet-Seite lesen und auf Ihre Endgeräte herunterladen:

Am 2. September 2025 ist der Gründer und langjährige Redaktionsleiter des Seniorenmagazins „conSens“ Wolfgang-Michael Duschl gestorben. Er hinterlässt ein Lebenswerk, das seit meiner Jugend auch Teil meines Lebens war. Als seine Tochter übernehme ich nun das Magazin mit dem tiefen Wunsch, es...

Was uns Mainzer Straßennamen erzählen – Die JungenfeldstraßeVon Kurt MerkatorDie Jungenfeldstraße liegt in der Finther O...
28/11/2025

Was uns Mainzer Straßennamen erzählen – Die Jungenfeldstraße
Von Kurt Merkator

Die Jungenfeldstraße liegt in der Finther Ortsmitte und ist eine etwa 200 Meter lange Abzweigung in Richtung des Bürgerhauses. Ihren Namen hat sie vom Rheinischen Adelsgeschlecht der Jungenfelds, die 1530 in den Reichsadelsstand erhoben wurden und in Finthen speziell vom Mainzer Weihbischof Edmund Gedult von Jungenfeld, der hier ein Hofgut hatte. Sein Herrenhaus steht dort noch heute – wenn auch in veränderter Form – und hat die Adresse Poststraße 48.

Doch von vorne: 1697 erwarb der Weihbischof das Finther Hofgut vom Grafen Rudolph von Stadion. Das Gut hatte schon einige adelige Vorbesitzer, so etwas Hugo Lerch von Dimstein. Den Mainzer Fürsten und Adeligen war vor allem im Sommer die Festungsstadt zu eng heiß und stickig und man war bestrebt, irgendwo „auf dem Land“ ein Hofgut mit Garten zu besitzen, um die heißen Sommer bequemer zu überstehen. In Finthen war das leicht, denn die Gemeinde und damit die Grundstücke waren seit 1092 dem Domprobst zum Lehen gegeben. Von Jungenfeld ließ das alte Herrenhaus niederreißen und baute 1719 ein zweigeschossiges Barockhaus. Über dem barocken Eingang des Hauses, das die Mainzer Wohnbau vor einigen Jahren renovierte, prangt noch heute das Wappen des Weihbischofs und die lateinische Inschrift (hier in Übersetzung): „Für die Familie Edmund von Jungenfeld, Titularbischof und Weihbischof in Mainz, Doktor der Theologie, Dekan des St. Peterstifts, des Liebfrauenstifts zu den Staffeln und des Heiligkreuzstifts, erbaute dieses Haus 1719“.

Zum Haus gehörte eine Scheune und ein etwa 1 Hektar „Großer Garten“ mit einem Teich und einem Weiherhaus. Das Grundstück, mitten im Ort gelegen, war von einer hohen Mauer umgeben und somit nicht zugänglich für die Ortsbevölkerung. Der Weihbischof starb 1727 und wurde im Chor der Liebfrauenkirche beigesetzt. Das Gelände blieb bis 1808 in Familienbesitz, wechselte dann mehrfach den Besitzer, bis es die Gemeinde Finthen 1830 erwarb. Das Herrenhaus wurde irgendwann aufgestockt, als Schulhaus und später als Wohnhaus für Lehrkräfte genutzt. Nach dem Brand der Scheune hinter dem Haus 1868 baute die Gemeinde dort erst ein Spritzenhaus und 1885 die Jungenschule. Die Mädchenschule entstand 10 Jahre später in der Ludwigstraße, heute Lambertstraße. Die Jungenschule wurde nach 1960 Post und ist heute ein Wohnhaus.

Der Garten kam 1899 in den Besitz von Philipp Friedrich Veit, der dort unterhalb der Jungenschule den Saalbau „Jungenfeldscher Garten“ errichtete. Dieses Gebäude, die „Finther gut Stubb“ mit mehr als 500 Plätzen, war bis 1974 (Bau des Bürgerhauses) der zentrale Versammlungsort der Gemeinde. Heute ist dort ein großer Parkplatz. Den großen Rest des Gartens verkaufte Veit in Parzellen für Wohnbebauung. Dem Parkplatzes gegenüber befindet sich heute noch in Nummer 20 das Wohnhaus des ehemaligen Lokalbetreibers.

Typhus de Mayence – Soldaten bringen den TodVon Andreas Stephan, OtzbergAm 26. Dezember 1813 verstarb Elisabetha Bader i...
20/11/2025

Typhus de Mayence – Soldaten bringen den Tod
Von Andreas Stephan, Otzberg

Am 26. Dezember 1813 verstarb Elisabetha Bader in Hering. Von diesem Datum an finden sich in den Sterbeeinträgen in den kleinen Odenwalddörfern Hering und Heubach bis zum 16. Juni 1814 ähnliche Randbemerkungen wie die folgende: „NB: An der ansteckenden herrschenden Krankheit gestorben.“ Die Krankheit raffte 26 Männer und Frauen im Alter von 27 bis 83 Jahren in diesem Kirchspiel dahin.

Die Frage, welche Krankheit dies war, die dazu führte, dass die Verstorbenen oft schon am nächsten Tag eilig begraben wurden, lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Es ist jedoch anzunehmen, dass es sich um eine Seuche handelte, die durch eine rasche Beerdigung eingedämmt werden sollte.

Im 12 Kilometer nordwestlich gelegenen und zur Diözese Mainz gehörenden Dieburg finden sich im katholischen Kirchenbuch bereits ab dem 15. November 1813 vermehrt Sterbeeinträge, bei denen als Todesursache „Faul- und Nervenfieber“ oder auch nur „Faulfieber“ genannt wird. Es stellt sich die Frage, um welche Seuche es sich dabei handelte.

Seit dem Altertum traten immer wieder verheerende Epidemien auf, die oft im Zusammenhang mit Kriegen, Hungersnöten und schlechten hygienischen Bedingungen standen. Das Fleckfieber, auch Flecktyphus genannt, ist eine akute, typischerweise nicht von Mensch zu Mensch ansteckende Infektionskrankheit, deren Hauptsymptome hohes, kontinuierliches Fieber, heftige Kopfschmerzen sowie Benommenheit und ein fleckiger Hautausschlag sind. Der Erreger dieser Krankheit, das Bakterium Rickettsia prowazekii, wird durch die Kleiderlaus auf den Menschen übertragen. Auch eine Aerosolübertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Für den experimentellen Nachweis dieses Übertragungsweges erhielt der französische Arzt Charles Nicolle im Jahr 1928 den Medizin-Nobelpreis.

Die Krankheit wurde unter verschiedenen Namen bekannt, die sich auf ihre Symptome oder Verbreitungswege bezogen. „Fleckfieber“ leitet sich von den charakteristischen Hautausschlägen ab, während „Faulfieber“ auf die Komplikationen wie Gewebsnekrose hinweist. Weitere Bezeichnungen für die Krankheit waren „Kriegspest”, „Hungertyphus”, „Läuse-
seuche” oder “Typhus de Mayence” nach ihrem massenhaften Auftreten in Mainz 1813/1814.

Das Fleckfieber wird durch Rickettsien-Bakterien übertragen, die in den Fäkalien der Kleiderlaus (Pediculus humanus corvporis) leben. Beim Aufkratzen der Lausstiche können die Erreger in die Haut gelangen. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist zwar selten, jedoch möglich durch Tröpfcheninfektion oder Kontakt mit kontaminierten Materialien. Die Inkubationszeit beträgt 10 bis 14 Tage. Die Symptome sind Schüttelfrost, ansteigendes hohes Fieber, das sich über einen Zeitraum von 10 Tagen hält, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Bewusstseinsstörungen. Später ist ein fleckiger Hautausschlag typisch. Vor der Entdeckung von Antibiotika existierte keine effektive Behandlungsmethode. Die Sterblichkeitsrate lag bei 10 bis 40 Prozent, wobei die Rate in Abhängigkeit von der Bevölkerungsgruppe und der Versorgungslage variierte.

Da Soldaten während Kriegshandlungen selten die Möglichkeit haben, ihre Kleidung zu waschen, bildet sich in dieser ein ideales Milieu für Läuse. Sie sind es, die unter anderem den Erreger des Fleckfiebers auf den Menschen übertragen. In Napoleons Heer bestand das Problem während des Russlandfeldzugs 1812. Die Winterkälte zwang die Soldaten, ihre Kleidung durchgehend zu tragen, ohne sie wechseln oder säubern zu können. Zudem nutzten sie Kleidungsstücke Gefallener, um sich notdürftig warm zu halten. Dies begünstigte die Ausbreitung der Seuche. Nach der Niederlage der Grande Armée in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 wurde das Fleckfieber von überstürzt fliehenden Soldaten nach Hessen und in das seit dem späten 18. Jahrhundert besetzte Mainz gebracht, wo bis Anfang 1814 etwa 17.000 Soldaten und 2.500 Zivilisten an dieser Infektionskrankheit starben. In Südhessen kam es ab Ende 1813 zu einer der schwersten Fleckfieber-Epidemien der Neuzeit. Napoleon zog sich mit 80.000 Soldaten von Leipzig zurück. Dabei durchquerten sie die Rhein-Main-Region. Bei Hanau starben 14.000 Soldaten bei einer letzten Schlacht mit dem bayerisch-österreichischen Korps. Die gegnerischen Truppen drängten Napoleon durch die Region zurück bis nach Frankfurt. Am 31. Oktober 1813 übernachtete der geschlagene Kaiser im Gartenhaus der Frankfurter Bankiersfamilie Bethmann. Ende Oktober 1813 zog sich die gesamte französische Armee über die Nidda-Brücke in Nied zurück. Seine letzte Nacht auf rechtsrheinischem Boden verbrachte Napoleon vom 1. zum 2. November im Bolongaro-Palast in Höchst, bevor er weiter über den Rhein in das französische Mainz floh. Die Rheinbund-Fürsten wechselten in das Lager der Verbündeten. Als einer der letzten vollzog Ludwig X. von Hessen am 5. November 1813 die politische Kehrtwende. Nach dem Rückzug lagerten rund 30.000 erschöpfte und läusebesiedelte Soldaten in Mainz, dem französischen Vorposten am Rhein. Es starben „17-18.000 Soldaten und 2.500 Zivilisten, ein Zehntel der Einwohner von Mainz. Als dieser ‚Typhus de Mayence‘ seinen Höhepunkt erreichte, wurde die Stadt drei Tage nach Blüchers Rheinübergang bei Kaub (Neujahrsnacht 1814) von ca. 30.000 Russen eingeschlossen, denen im Februar 9.000 Deutsche als Belagerungsarmee folgten. Über drei Monate harrte die ca. 27.000 Mann starke französische Garnison unter General Morand hier noch aus, bis sie – nach dem Fall von Paris – am 4.5.1814 aus Mainz abzogen“. Die Lazarette waren überfüllt, sodass auf den Straßen der Stadt überall Kranke und Tote lagen.

Auch nachrückende alliierte Truppen und Heimkehrer erkrankten an Fleckfieber und verbreiteten es weiter. In Städten wie Darmstadt, Gießen und Offenbach wütete das Fleckfieber und forderte Tausende von Todesopfern. Ständige Durchmärsche und Einquartierungen französischer und alliierter Truppen sowie Kriegssteuern und Kontributionen belasteten die Region schwer. Besonders Städte fürchteten die Epidemie. Darmstadt beantragte die „Fortschaffung kranker Franzosen […] Sowohl das hiesige Spital als auch der obere Saal des Rathauses liegt voll kranker Soldaten, deren Krankheiten von pestartigem Karakter sind“.

Jürgen Schenk beschrieb den Durchmarsch 2017 in der Wetterauer Zeitung so: „Als die Soldaten Napoleons im Spätherbst 1813 durch das Kinzigtal und die Wetterau zogen, war von der einstigen Herrlichkeit der Grande Armée nicht mehr viel übrig. Kolonne um Kolonne schleppte sich, im Rückzug begriffen, über die Via Regia, die alte Geleitstraße von Leipzig nach Frankfurt. Die Männer waren ausgemergelt von Schlachten und Scharmützeln, von unvorstellbaren Gewaltmärschen und einem Feldzug, der sie bis nach Moskau geführt hatte. Viele waren krank oder verwundet nach der Völkerschlacht bei Leipzig 1813. Das einzige, was den frierenden und hungrigen Gestalten in ihren zerschlissenen Uniformen noch Hoffnung verlieh, war der Wunsch, irgendwie lebendig an den Rhein zu gelangen.“

Die katastrophalen hygienischen Zustände, die Mangelernährung und die fehlende medizinische Versorgung führten dazu, dass sich die Epidemie unkontrolliert ausbreitete. Erst durch strikte Quarantänemaßnahmen und die Verbrennung verseuchter Gebäude konnte sie schließlich eingedämmt werden. Wie die Beispiele aus den Kirchenbüchern links und rechts des Rheines bezeugen, waren davon nicht nur Soldaten betroffen, sondern auch die ortsansässigen Menschen. Sie waren sich der Tragweite der Ereignisse oft nicht bewusst und hatten keine Bezeichnung für die „ansteckende herrschende Krankheit“.

Das alte Foto – Der Rheinbahnhof 1870Von Kurt MerkatorDas 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Eisenbahn. 1835 fuhr d...
13/11/2025

Das alte Foto – Der Rheinbahnhof 1870
Von Kurt Merkator

Das 19. Jahrhundert war das Jahrhundert der Eisenbahn. 1835 fuhr die erste Bahn von Nürnberg nach Trier und nur fünf Jahre später am 13. April 1840 erreichte die Taunusbahn von Frankfurt aus Mainz-Kastel.

Dahinter steckten massive wirtschaftliche Interessen von Frankfurter Kaufleuten, die diese Bahn finanzierten. Sie mieden seit geraumer Zeit den Mainzer Hafen, dessen Gebühren ihnen zu hoch waren, nutzten stattdessen den Biebricher Hafen und verschifften ihre Waren in Kostheim. Die neue Bahn trug dazu bei, den Warenstrom auf die andere Rheinseite zu verlagern. In einer Nacht- und Nebelaktion im Frühjahr 1841 ließen Mainzer Kaufleute 2.500 Tonnen Bruchsandstein vor die Einfahrt des Biebricher Hafens schütten, um dessen Zufahrt zu blockieren. Das beschäftigte sogar die Bundesversammlung, die Großherzog Ludwig II. anwies, diese rechtswidrige Aktion sofort zu beenden.

Um wirtschaftlich nicht noch weiter hinter Frankfurt zurückzufallen, waren die Mainzer nun gezwungen zu handeln, und so gründeten die Handelshäuser Heidelberger, Humann, Korn und Lauteren mit dem Staatsprokurator Dr. Kryn 1844 die „Hessische Ludwigs-Eisenbahn-Gesellschaft“, kurz „Ludwigsbahngesellschaft“. Der Mainzer Kopfbahnhof wurde in der Nähe des Holzturms am Rhein gebaut. Unser Bild (Quelle: Stadtarchiv Mainz) zeigt im Hintergrund rechts den Holzturm und links den Dom. Das Bild muss vor 1870 gemacht sein, denn die hier sichtbare Mollerkuppel wurde in diesem Jahr wieder entfernt. Das zweite Bild zeigt das Bahnhofsgebäude, die hölzerne Bahnsteighalle und den hölzernen Gleisübergang zur Altstadt. Die erste Strecke von Mainz nach Worms mit der Anbindung Richtung Basel war ab 1853 nutzbar.

In Richtung Bingen entstand 1859 eine Bahnstrecke, die ihren Mainzer Kopfbahnhof außerhalb der Festungsmauern hatte etwa da, wo heute die Grüne Bücke ist. Das Problem war, dass es keine Verbindung zwischen diesen Kopfbahnhöfen gab, so auch nicht zu dem Bahnhof in Kastel. Man war also immer gezwungen, die Wege dazwischen mit dem Fuhrwerk zu überbrücken. Als Zwischenlösung kaufte die Taunus-Eisenbahn drei Fähren mit Schienen (Trajekte), die die Güterwagen über den Rhein setzten. Schon 1862 waren die von einem Raddampfer gezogenen Trajekte überflüssig, denn in diesem Jahr wurde die Südbrücke in Betrieb genommen. Die rechts- und linksrheinischen Schienennetze waren damit verbunden. Ende 1871 fuhr die Ludwigsbahn dann von Mainz nach Alzey. Ungelöst war aber immer noch die Verbindung zwischen den Kopfbahnhöfen Rheinbahnhof und Gartenfeldbahnhof. Dazwischen hieß es laufen oder Droschken benutzen.

Die ersten Pläne sahen vor, die Bahnlinie am Rhein entlang bis zum Fischtor zu führen. Dort sollte ein Stationsgebäude mit 11 Haupt- und Nebengleisen entstehen. Der Personenbahnhof sollte sich vom Raimunditor bis zur Römheldschen Eisengießerei erstrecken, in Fortsetzung war ein Güterbahnhof geplant. Die enormen Kostenschätzungen ließen den Verwaltungsrat der Bahn und die Stadtverwaltung Abstand nehmen. Ins Spiel kam nun Stadtbaumeister Eduard Kreyßig, der die weitsichtige und noch heute gültige Lösung vorschlug, deren Vertrag mit der Ludwigsbahn Oberbürgermeister Wallau am 24. September 1874 unterzeichnete. Wie diese Lösung aussah, werden wir im nächsten Heft darstellen.

Stadtbaudirektor in Mainz von 1774 bis 1791 – Franz Anton Xaver LingierVon Ullrich HellmannDer 6. Juli 1774 ist für die ...
23/10/2025

Stadtbaudirektor in Mainz von 1774 bis 1791 – Franz Anton Xaver Lingier
Von Ullrich Hellmann

Der 6. Juli 1774 ist für die Baugeschichte der Stadt Mainz ein denkwürdiges Datum, wurde doch an diesem Tag mit Franz Xaver Anton Lingier erstmals ein Ingenieur zum Leiter des Bauamtes ernannt. Zuvor war der Hofbaumeister, der die Baupraxis des Kurstaates insgesamt überwachte, auch für die städtischen Bauaktivitäten zuständig gewesen. Lingier, der die neue Bezeichnung „Stadtbauamtsdirektor“ erhielt, hatte sogar ein Universitätsstudium absolviert.

Franz Anton Xaver Lingier entstammte einer ursprünglich aus Italien kommenden Kaufmannsfamilie, die seit dem 17. Jahrhundert in Mainz ansässig war. Ein Johann Baptist Lingier war wohl der erste aus Italien zugezogene Kaufmann dieses Namens. Dessen 1697 geborener Sohn Johann Jakob Anton, der Vater des Franz Anton Xaver Lingier, war ebenfalls „Mercator“ und hatte es in Mainz zum Stadtrat gebracht. Die Familie pflegte enge Kontakte zu anderen Kaufleuten und insbesondere zu solchen, die auch aus Italien zugezogen und in Mainz heimisch geworden waren. Es gab Heiratsbeziehungen zu den Familien Sartorius, Tossetti und Brentano.

Lingier war sieben Jahre alt, als er im Jahre 1749 den Vater verlor. Die Mutter musste nun für den Lebensunterhalt sorgen. Sie führte erfolgreich den Gewürzhandel weiter und belieferte sogar den kurfürstlichen Hof. Franz Anton Xaver konnte das Gymnasium besuchen, an der Mainzer Universität studieren und sich danach zum Weiterstudium in Straßburg einschreiben. Dort schrieb er eine Abhandlung über die Artillerie mit Erläuterungen zur Funktion von Kanonen und Granaten. Sie ist in französischer Sprache verfasst. Farbabbildungen zeigen Artilleriestellungen und Befestigungsanlagen.

Nach Mainz zurückgekehrt wurde er am 28. Oktober 1767 zum Ingenieur-Fähnrich ernannt. Es heißt, er habe sich mehr als vier Jahre in Frankreich aufgehalten und sei dort bei den „weltberühmtesten“ Meistern gewesen. 1768 bekam er den Titel eines „Hof-Ingenieurs“ und unterrichtete die Edelknaben, Söhne aus Adelsfamilien, die auf ein höfisches Leben vorbereitet wurden, im Schloss wohnten und ein streng geregeltes Leben führten. Um 5:30 Uhr war das Morgengebet. Um 8 Uhr nahmen sie an der Messe in der Schlosskirche teil. Danach gab es Sprach-, Tanz- und Fechtunterricht. Nach dem Mittagessen um 12 Uhr wurden die Lektionen unter anderem mit „Ingenieurkunst“ fortgesetzt, also mit angewandter Mathematik. Schon um 18:30 Uhr gab es „Nachtessen“. Um 20 folgte ein Nachtgebet und bereits ab 21:30 Uhr galt Bettruhe. Lingier erteilte Unterricht „alle Tag außer Dienst- und Donnerstag von zwey bis drey“. So legten es die „Instructionen für den Hof-Ingenieur“ fest.

Rasch hatte sich Lingier in Mainz einen guten Ruf erworben. Schon im Mai 1769 wurde er mit einem Gutachten zum Neubau der Kirche St. Ignaz betraut. Es ging um die Frage, ob zur Einwölbung des Kirchenraumes Holz oder Stein verwendet werden solle. Er sprach sich ebenso wie zwei weitere Ingenieure für ein Tuffsteingewölbe aus. Das Lavagestein kam aus der Eifel per Schiff auf dem Rhein nach Mainz. Im Jahre 1770 übernahm Lingier zusätzlich zu seiner bisherigen Arbeit die Aufsicht im kurmainzischen Straßenbau. Eine „Wegekommission“ hatte ihm diese Stelle übertragen. Eine solche zum Zwecke der Streckenplanung und Kontrolle der Straßen des Kurstaates gebildete Kommission entspräche heute einem Verkehrsministerium.

Lingier war inzwischen 38 Jahre alt und zum Leutnant aufgestiegen. In gesicherter beruflicher Position heiratete er am 9. Oktober 1771 Josepha Molitor, die Tochter eines Hofkammerrats. Das Paar, dessen Ehe kinderlos blieb, wohnte vermutlich im Elternhaus von Lingier in der heutigen Stadthausstraße, ungefähr dort, wo jetzt ein großes Kaufhaus steht.

Mit dem Straßenbau war Lingier nur wenige Jahre befasst. Am 6. Juli 1774 wurde er zum Stadtbaudirektor von Mainz ernannt. Zur Qualifikation von Lingier heißt es, er habe „die Baukunst ordentlich erlernet und Reisen in frembde Länder gethan“. Er habe „zeithero verschiedne schöne Arbeithen für die allhiesige Stadt verfertiget“ und sei auch einige Zeit lang beim kurmainzischen Bauamt tätig gewesen, wo er „hinlängliche Proben von seiner Fähigkeit“ abgelegt habe. Wie eingangs erwähnt, wurde mit ihm erstmals ein Ingenieuroffizier zum Leiter des Bauamtes ernannt. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil für das Bauwesen des Kurstaates mit Johann Jakob Laurentius Schneider ebenfalls ein Ingenieur zuständig war. Anstelle von baukünstlerischen Qualifikationen war in der Bauverwaltung nun technische Kompetenz gefragt.

Die erste Dienstaufgabe von Lingier bestand in der Aufstellung einer „Ehrenpforte“ nahe der Peterskirche. Friedrich Karl Joseph von Erthal fuhr nach seiner Wahl zum Kurfürsten am 18. Juli 1774 beim feierlichen Einzug ins Schloss durch deren Hauptbogen hindurch. Handwerker und Künstler hatten zwei Wochen lang an der Dekoration gearbeitet. Das Bauholz wurde nach dem Ereignis versteigert.

Als Leiter des Bauamtes hatte Lingier auf die Einhaltung der Bauordnung zu achten. Er musste Pläne zeichnen sowie Bauprojekte in strittigen Fällen überprüfen. Zu Ortsterminen begleiteten ihn zwei „werkverständige“ Handwerksmeister, welche die Zunft namentlich bestimmte. Seine Gutachten und Berichte sind im Stadtarchiv aufbewahrt.

Zu den Aufgaben von Lingier gehörte auch die Straßenbildpflege. Hierzu stellte er fest, zur „Verschönerung einer Stadt“ trage „Einförmigkeit im Bauen das meiste bei“. Diese sei „überhaupt die Richtschnur“ und „der fürnehmlichste Gegenstand bey Anlegung neuer Strassen, öffentlicher freier und geschlossener Plätze“. Im damaligen Mainz war allerdings in den verwinkelten Gässchen zwischen Dom und Ignazkirche die gewünschte Einheitlichkeit nur bedingt zu erreichen. Lingier übte Kritik an übermäßigem Fassadenschmuck und bedauerte, „heutzutage“ mache man in Deutschland „ein wahres Geschäft daraus“, mit falsch verstandenen Dekoren die Baukunst Frankreichs „so übel nachzuahmen, daß durch ihre fehlerhafte Kopie das meisterhafteste Urbild gantz und gar unkenntlich gemacht“ werde. Imitation und Täuschung waren ihm zuwider, und er empfahl, „niemals außerhalb der Natur zu wandeln“ und „Holtz wie Stein oder umgekehrt Stein wie Holtz mit Farben“ vorzutäuschen. Es würden oftmals „ganze Häuser durch Ueberzug einer übel nachgeahmten Farbe bey Durchreisenden lächerlich“ gemacht. Er selbst baute zwei Häuser in Mainz. Sie standen in der Margaretenstraße und hatten eine einfache klassizistische Fassade.

Schließlich zählte zu seinen Aufgaben auch die Überprüfung der häuslichen Feuerstellen. Bereits kurz nach seiner Amtseinführung hatte sich Lingier mit einem Großbrand in der Hundsgasse, der heutigen Neutorstraße, befassen müssen, der beinahe die neu errichtete Kirche St. Ignaz ergriffen und vernichtet hätte.

Zu den bemerkenswerten Ereignissen seiner Amtszeit gehört der Umzug der Stadtverwaltung. Sie hatte nach dem Verlust der Stadtfreiheit im 15. Jahrhundert das am Brand gelegene Rathaus aufgeben müssen. Hier zog im Jahre 1526 das erzbischöfliche Generalvikariat ein. Der Stadtrat tagte jetzt im Münzgebäude am Markt. In der Folgezeit hatte es wegen der Zunahme an Raumbedarf wiederholt Bestrebungen zu einem Neubau gegeben. Ein extremes Hochwasser Im Jahre 1784, bei welchem Rheinwasser die tragenden Säulen des Münzgebäudes umspülte, gab Gelegenheit, in der Angelegenheit weiterzukommen. Bei einer Überprüfung der Statik des Gebäudes stellte Franz Anton Xaver Lingier fest, die „Tragpfeiler als die einzigen Stützen des Obergebäudes“ seien durch Unterspülung der Fundamente gefährdet. Das Gutachten führte zum Beschluss, die Münze wegen Baufälligkeit aufzugeben und die sogenannten „Cunnibertischen Häuser“ für die Verwaltung anzukaufen. Diese waren solide und boten genügend Raum. Lingier hatte sich um Renovierung und Ausstattung der Räume zu kümmern. Für die Häusergruppe setzte sich die Bezeichnung „Stadthaus“ durch. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass Mainz unter kurfürstlicher Verwaltung stand und keine bürgerliche Selbstverwaltung mit einem „Rathaus“ hatte. Das „Stadthaus“ blieb bis 1942 Sitz der Verwaltung. Ein Bombenangriff vom 11. auf den 12. August legte es in Schutt und Asche.

Im Jahre 1784 übernahm Lingier zusätzlich die Position eines Militärbauinspektors und erlangte den Rang eines Ingenieurhauptmanns. Nun hatte er sich zusätzlich um den baulichen Zustand sämtlicher Militärgebäude in Mainz zu kümmern, wozu nicht nur die Kasernen zählten, sondern auch ein Krankenhaus, der Kommandantenbau auf der Zitadelle, das Zeughaus am Rhein, einige Pferdeställe und andere Gebäude. Lingier musste zudem die Rechnungen zu Bauarbeiten an den Festungen in Erfurt und Königstein überprüfen. Der Arbeitsumfang war schließlich so groß, dass Lingier den Kurfürsten im Jahre 1791 um Freistellung vom Amt des Stadtbaudirektors bat. Die Stelle übernahm mit Steinmetz Anton Süß wieder ein Handwerksmeister. Aus dem „Stadtbauamtsdirektor“ wurde jetzt ein „Stadtwerkmeister“. Auch den seit 1768 geleisteten Unterricht für die Edelknaben gab Lingier auf und widmete sich nun ausschließlich dem Militärbauwesen.

Doch bereits im folgenden Jahr kam es zu grundlegenden politischen Veränderungen in Mainz. Die Stadt wurde im Oktober 1792 von französischen Truppen besetzt und stand bis zum Sommer 1793 unter Verwaltung der Besatzungsmacht. Kurfürst und Hofstaat hatten sich nach Aschaffenburg abgesetzt. Da auch das kurmainzische Militär jetzt ohne Aufgaben war, folgte Lingier im Februar 1793 nach. Erst die Rückeroberung von Mainz erlaubte ihm zurückzukehren. Doch die Zeiten blieben kriegerisch. Dem französischen Militär gelang es Ende 1797 erneut, Mainz zu besetzen. Jetzt war die Stadt für den Kurstaat endgültig verloren.

Zu Lingier heißt es 1798, er sei „absent avec les troupes Electorales“. In Aschaffenburg begann unter der Herrschaft von Carl Theodor von Dalberg für Lingier eine neue Zeit. Dalberg beförderte ihn zum Oberst und merkte an, er freue sich, „dem guten Mann“ diese „Gefälligkeit zu erzeugen“, da er mit ihm in der Jugend in Mainz studiert habe. Lingier wurde jetzt Zeughaus-Inspektor und entwarf Pläne für einen Kasernenneubau, zu welchem er im Mai 1805 an den „Primas und Erzbischof“ schrieb, es habe ihn eine „vier volle Monate andauernde und noch anhaltende Unpässlichkeit“ leider gehindert, weitere Pläne zu dem Projekt vorzulegen. Kurz darauf ist er im Alter von 63 Jahren in Aschaffenburg gestorben. Die verwitwete Josepha Lingier zog nach Frankfurt, wo sie noch bis zum Jahre 1819 lebte.

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